Hier in Saarbrücken ist es inzwischen überraschend einfach geworden, qualitativ hochwertige Nischenbiere in Supermärkten zu bekommen – besonders Edeka tut sich da hervor, die Märkte hier sind besser ausgestattet als viele auf Bier spezialisierte Läden. Manches kriege ich da aber noch nicht, da greife ich dann bei Auslandsausflügen gern zu, wie hier beim Straffe Hendrik Brugs Tripel Bier und Brugs Quadrupel, das ich bei meiner letzten Brüsselreise flugs eingepackt hatte. Ich erwähne es aus Bildungsauftragsgründen gern öfters bei der Besprechung belgischer Biere: der Reinheitsgebotsfreund liest „Kandiszucker“ als Zutat und ist vielleicht verschreckt – muss er nicht sein, das dient der Flaschengärung, die Hefen, die diese Arbeit tun sollen, dürfen schließlich nicht direkt verhungern sondern brauchen einen Snack. Ich jetzt auch und gieße mir das erste Bier ins Glas.
Wie man es lernt, trinkt man von leichter nach schwerer, also fangen wir mit Straffe Hendrik Tripel an (das ist dann natürlich sehr relativ zu sehen, ein leichtes Bier ist auch das nicht). Volltrüb mit einer fast schon Terracotta-ähnlichen Farbe steht das Bier im Glas. Der Schaum, der sich beim Eingießen bildet, ist stabil und eher großblasig, er setzt sich nach ein paar Minuten leicht ab, bleibt aber zentimeterdick über die ganze Trinkdauer. Die Nase ist mildhopfig, hefig, leicht getreidig. Belgische Biere haben oft eine Trinktemperaturempfehlung, die verhindert, dass unser Riechkolben viele Aromen wahrnimmt. Man ahnt aber schon, in welche Richtung das Bier gehen wird.
Und ja, es trifft zu. Deutlich säuerlich, ohne wirklich in die Sauerbierrichtung zu gehen, mit kräftiger Herbe direkt von Beginn an. Leicht getreidig, mild süßsauer, jedenfalls ohne Zweifel ein Bier mit Charakter, das sich nicht anschmiegt. Eine sehr hübsche Textur lässt ein bisschen „Kauen“ auf dem Bier zu, cremig und voll, und das in Kombination mit der sehr ausgeprägten Frische macht das Straffe Hendrik Tripel komplex in seinen Effekten. Leicht blumige Jasmintöne und würzige Nelken tauchen im Verlauf auf, der Nachhall bleiben diese erhalten und werden durch Getreidenoten ergänzt.
Das Tripel ist ein recht kantiges Bier, das mich in seiner Vielschichtigkeit erfreut – jedenfalls etwas, an dem sich ein Verkoster eine Weile abarbeiten kann. Mit 9% Alkoholgehalt hat man einen weiteren Grund, beim Trinken langsam zu machen. Hm, davon hätte ich doch mehr als eine Flasche mitbringen sollen. Naja, beim nächsten Mal!
Aber ich habe ja noch das Straffe Hendrik Quadrupel, um diese Zeit zu überbrücken. Ein paar Wochen später landete es dann auch in meinem Glas. Da es ja keine offizielle Regelung dafür gibt, mit welchem Alkoholgehalt welche Bezeichnung aufs Etikett muss, nennt man das Bier „Vierfach“, um den sehr üppigen 11 Volumenprozent Rechnung zu tragen. Das ist sicher nichts für jeden und auch nicht für jede Gelegenheit, sondern eher was für die ruhigen Minuten für den Freund des Starkbiers.
Optisch ist das ein herbstliches Bier – dunkelbraun und blickdicht, das erinnert mich an das Laubhaufen im Garten, insbesondere, weil der leicht bräunliche, cremafarbene Schaum auch so dazupasst. Letzterer hält sich lang und ist superfein. Die Nase wehrt sich nicht gegen die Herbstassoziationen, dunkles Malz dominiert, reife Mango und eine Mischung aus Ananas und Banane zeigt die sehr milde, aber hochgradig wirksame Hopfung. Sehr aromatisch und zum Trinken einladend!
Auch beim Quadrupel ist eine Säure vorhanden, die aber im Vergleich zum Tripel deutlich milder daherkommt, einfach, weil sie in eine richtig fette süße Cremigkeit eingebettet ist. Die Textur ist fast wie ein griechischer Joghurt, dabei aber durch die hohe Karbonisierung immer noch frisch. Das Malz beherrscht den Geschmack, leichte Röstaromen, Milchkaffee, Walnüsse, aber mit einer erkennbaren Dunkelschokoladebittere, die sich verdammt gut mit der Süße kombiniert. Hier hat man fast alles, was die Zunge schmecken kann, süß, sauer, bitter, und sogar einen Touch umami. Der Abgang ist frisch, frech, hier gewinnt die Säure ein bisschen, aber bleibt rund und fein.
Das ist ein Bier! Wow! Mir bleibt nichts als jedem Leser dringendst zu empfehlen, das mal auszuprobieren, an dem stimmt einfach alles. Das Straffe Hendrik Quadrupel rutscht ohne Mühe nach ganz weit oben in meiner persönlichen Liste der Lieblingsbiere.
Ich für meinen Teil weiß, dass ich bei der nächsten Belgienreise weitere Varianten und noch ein paar Ersatzflaschen des Tripels und Quadrupels aus dieser Brauerei suchen werde.