Zur Feier des Tages – Allesverloren 2012 Vintage

Allesverloren 2012 Vintage Titel

„Portwein“ ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung: Nur Likörweine aus der portugiesischen Region Douro dürfen so genannt werden. Dass das durchgesetzt wird, mussten südafrikanische Winzer schnell feststellen, als sie versuchten, ihren Süßwein, der nach derselben Methode hergestellt wird und auch sensorisch sehr verwandt ist, als „Port“ in Europa auf den Markt zu bringen. Selbst Hinweise wie „nach Portweinart“ oder „-typ“ sind verboten. Persönlich müsste ich mich, der ich ja so regelaffin bin, dann auch daran halten und dürfte den Allesverloren 2012 Vintage nicht als Portwein verschlagworten – ich tus trotzdem, einfach um dem Leser die Verwandheit der Produkte aus Portugal und Südafrika deutlich zu machen. Ich hoffe aber, dass die Wichtigkeit des Schutzes einer geografischen Herkunftsbezeichnung klar ist – sie ist ein Qualitätskriterium und dient sowohl der Tradition als auch dem Konsumenten. Ich betone, dass der Hersteller in keinem Wort auf dem Etikett auch nur eine Andeutung diesbezüglich macht, das finde ich schonmal lobenswert.

Der Süßwein aus Swartland scheint, abgesehen von der Herkunftsregion, dazu nicht komplett aus portweintypischen Rebsorten gewonnen zu sein; während die für ihn benutzten Rebsorten Tinta Barocca, Souzão, Malvasia Rei, Tinta Roriz, Tinta Francisca und Touriga Nacional durchaus auch in Portwein Verwendung finden, ist für mich zumindest der Einsatz der eher seltenen südafrikanischen Traube Pontac ein Ausreißer. Da diese natürlich dem ganzen eine nationale Besonderheit gibt (immerhin ein Fünftel des Weins wird aus dieser Rebe gekeltert), sollte man es erwähnen. Ich bin bei weitem nicht Weinkenner genug, um diese Details wirklich aus dem Geschmack extrahieren zu können, doch probieren kann man es – unterscheidet sich der Südafrikaner vom Portugiesen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch? Versuchen wir einfach mal, es herauszufinden.

Allesverloren 2012 Vintage

Weinrot, aber ein tiefdunkles, zum Schwarzen hin tendierend, mit purpurnen Reflexen bei Gegenlicht. Ein sehr träges Glasverhalten zeigt schon, dass wir hier ein fettes Ding vor uns haben – man meint, die üppige Restsüße von 95g/L schon sehen zu können. Der Geruch ist direkt interessant, da ist neben traubigen Rotweinnoten auch vom ersten Moment an eine leichte Eukalyptus-Komponente, zusammen mit viel Holz und ein Tick von Rauch. Leicht vergorene Erdbeeren. Johannisbeerensaft. Eine leichte Pferdestallnote.

Ein sehr cremiges Mundgefühl kombiniert sich mit milder Buttrigkeit. Schwere, natürlich wirkende Süße füllt den gesamten Geschmacksapparat aus, in jede Richtung geht das. Üppig viel Frucht, insbesondere rote Beeren und Trauben. Holz und Kardamom und Chili liegen im Untergrund und sorgen für ordentliche, nicht zu unterschätzende Würze. 20,5% Alkoholgehalt spürt man nicht, aber sie geben die fühlbare Kraft für diesen Wein. Sehr wirksame Säure baut sich langsam auf und löst die Süße ab; eine ausgeprägte Nussigkeit taucht im Verlauf dazu auf und leitet den entsprechend sehr nussigen Abgang ein.

Allesverloren 2012 Vintage Glas

Mir wurde gesagt, ich dürfe das Wort „trocken“ nicht verwenden bei Port und portähnlichen Weinen, denn die seien immer süß. Ich empfehle meinen Kritikern, mal diesen Süßwein hier zu probieren, und den Abgang zu bewerten. Wer den nicht als trocken empfindet, nun, mit dem muss ich nicht mehr diskutieren, wir haben dann offensichtlich völlig unterschiedliche Geschmackswelten im Kopf. Daneben ist eine ganz vorsichtige Schärfe, die lange nachwirkt, auch wenn die Aromatik schon längst verschwunden ist. Auf den Lippen bleibt etwas Süße hängen, und der Gaumen bleibt lange belegt.

Eigentlich bräuchte man für diesen Wein kein Cocktailrezept, in dem er besonders zentral eingesetzt wird – der Allesverloren 2012 Vintage kümmert sich schon darum, Aufmerksamkeit zu erregen, selbst wenn er nur ein Float auf einem Continental Sour wäre. Dennoch fühle ich mich gerade bei diesem Wein irgendwie dazu verleitet, ihm eine Bühne zu geben, in dem er seine ganze Grandiosität ungestört präsentieren darf. Und im Nelson’s Blood passiert das aufs Schönste.

Nelson's Blood Cocktail


Nelson’s Blood
1½ oz Ruby Port
1½ oz Cognac
Auf Eis rühren.
[Rezept nach unbekannt]


Allesverloren 2012 Vintage Feier

Ich danke meinem Kollegen Daniel, dem ich diese Flasche zu verdanken habe – ich gebe zu, dass ich mich etwas schlecht fühle, weil der Tausch, den wir durchführten, ganz eindeutig zu meinem Vorteil verlaufen ist, wer braucht schon ein Everlast Rocket Book. An Weihnachten 2019 hat sich dieser Süßwein darüber hinaus noch für die Familie als idealer Festtags-Aperitif bewiesen, was beweist, dass eine geteilte Spirituose doppelt so gut schmeckt.

Inzwischen ist die Flasche leer, Portwein und ähnliche Produkte kann man zwar durchaus ein paar Monate geöffnet noch aufbewahren, aber für den Allesverloren 2012 Vintage stellte sich mir diese Frage letztlich gar nicht, denn er war einfach zu lecker und verführerisch, als dass ich den im Regal hätte stehen lassen können. Ich werde Ausschau halten nach Ersatz.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.