Cottbus liegt in Brandenburg, nicht in Sachsen. Durch meinen Blog lerne ich sogar in Geografie immer noch viel dazu, danke an den aufmerksamen Leser, der mich bei meiner letzten Besprechung eines Biers der Brauerei Labieratorium darauf hinwies, dass ich die Stadt aus welchem Grund auch immer in ein falsches Bundesland verlegt hatte. Recht schnell auf diese Erstbesprechung folgt hier eine zweite Ladung an Bieren dieses Brauers, aus gegebenem Anlass: Die Brauerei schloss zum 31.12.2018 ihre Toren und Braukessel. Laut einem Interview der Betreiber mit LR Online lag es, banal und traurig, schlicht und ergreifend einfach an fehlendem Umsatz.
Es ist wirklich schade, denn ich nehme nicht zuviel vorweg, wenn ich sage, dass mir diese Bier sehr gefallen haben. So lese man diesen Artikel dann als nostalgischen Nachruf, mit der leisen Hoffnung, dass die Personen hinter dem Bier sich nicht komplett aus dem Geschäft zurückziehen, sondern woanders ihre gute Arbeit weiterführen können. Genug der Traurigkeit, rein ins Glas mit den vier Bieren, die in einem Set erhältlich waren, über einen Kartonhalter miteinander verbunden: Das Alte Welt, Schwarze Pumpe, F60 Paranoid IPA und Labieratoriums Orange Pale Ale.
Wir gehen einfach die Reihenfolge durch, in der ich sie aus dem Kartonhalter entfernt hatte. Beginnen wir beim Alte Welt. Mir gefällt beim Eingießen bereits die kräftige, rotgoldene Farbe, das Bier ist angenehm opal, was den Eindruck noch verstärkt. Erkennbar starke Perlage, dazu ein feiner, sehr ebenmäßigblasiger Schaum. Für ein Pale Ale bleibt es etwa zurückhaltend in der Nase, nur leichte Hopfenfrucht dringt vor, aber eine erkennbare Würze als Ausgleich.
Geschmacklich – sehr trocken schon im Antrunk, malzig und mit leicht salziger Würze. Hopfen (Herkules, Saphir, Cascade) bleibt im Hintergrund, sorgt mehr für einen Klang als für festhaltbaren Geschmack. Leichter Körper mit fast etwas von Sprudelcharakter. Kräftige Säure. Sehr rezent, für meinen Geschmack etwas überkarbonisiert. 5,4% Alkohol sind dafür gut passend gewählt. Der Abgang ist kurz, trocken, prägnant.
Ein sehr kantiges, eckiges Pale Ale – das ist interessant, weil es eine Abwechslung bietet zu den superfruchtigen Pale Ales, die man sonst so oft trinkt, aber insgesamt ist es dann halt doch etwas zu sauer und karbonisiert, um wirklich richtig zu gefallen. Gut gekühlt im Sommer ist die Alte Welt aber wahrscheinlich ein echter Frischehammer. Schade, dass ich das im Sommer nicht mehr verifizieren können werde.
Machen wir einen weiten Sprung in den Bierstilen, vom Pale Ale zum Porter. Die Schwarze Pumpe ist mit 6,6% und 45 IBU schon von anderer Gewichtsklasse. Farblich trifft der Name wunderbar zu, das Bier ist tatsächlich sehr schwarz, noch dunkler als viele andere Porter, die ich kenne. Langsam steigen kleine Bläschen vom Glasgrund hoch. Der Schaum ist kontrastreich hell, aber eher dünn und großblasig. Geruchlich eher malzig, leicht rauchig, speckig, erinnert mich fast an ein mildes Rauchbier.
Im Mund ist die Schwarze Pumpe dann sehr holzig, bitter, malzig. Eigentlich passend dazu wirkt es sehr rezent, frisch und knackig. Leichte Süßholznoten. Stiltypisch ist etwas Kaffee, mit Grapefruit als Gegenspieler. Der Abgang ist lang und sehr bitter, man spürt eine deutliche Adstringenz. War ich beim ersten Bier noch skeptisch – das hier gefällt mir richtig gut. Ein zwar nicht extrem expressives, dafür aber sehr wuchtiges und toll rezentes Porter.
Die dritte Flasche aus dem Set, das F60 Paranoid IPA, komplettiert als IPA den Bogen durch die aktuell beliebten, gottseidank wiederbelebten Bierstile des modernen Craftbiers. Orangene Farbe im Glas, toll dicke Schaumhaube, nach einigen Minuten immer noch großblasige Schaumreste. Kräftige Perlage. Sehr starke Nase, mit viel Marmelade, Orange, und etwas Gurke.
Deftig herb schon im Antrunk, feine Süße gleicht das etwas aus. Sehr hopfig (Columbus, Simcoe, Amarillo, Sarachi Ale und Cascade tun ihre Pflicht), mildfruchtig – die Bittere steht im Vordergrund. Sehr rezent und leicht. Extrem süffig und trinkbar, 7,3% Alkoholgehalt tun dem keinen Abbruch. Auch hier meine ich, etwas Gurkenaroma zu entdecken – ich finde das sehr spannend. Der Abgang wirkt kurz, knackig, bitter, dazu eine angenehme, nicht überwältigende Trockenheit. Leicht malzig. Mir gefällt das sehr gut – ich kann den saufenden indischen Elefanten auf dem Etikett verstehen, dass er die Flasche, die er mit dem Rüssel hält, nicht hergeben will.
Am Ende dieser kleinen Verkostungsreihe steht das Labieratoriums Orange Pale Ale. Die Gestaltung des Etiketts erinnert natürlich an das Filmplakat zu der Verfilmung des SciFi-Klassikers A Clockwork Orange von Anthony Burgess; mir als kombinierter Bier- und Literaturfreund gefallen solche Anspielungen sehr.
Fluffiger Schaum, nur leicht opalisierendes Sonnenblumengold. Starke Perlage. Geruchlich sehr hopfenfruchtig (Perle, Bavaria Mandarina), dabei hell und zitronig – Limettenschale und Grapefruitsaft nehme ich als Hauptakteure wahr. Das hört sich wild an, ist aber nicht aggressiv und daher angenehm. Der Geschmack wartet mit angenehmer Bittere auf, allerdings nicht eckig, sondern leichtkörperig. Man muss zugeben, dass es etwas flach wirkt, weil es keine Tiefe hat – Radlercharakter, das war mein Eindruck. 4,8% Alkohol machen das Bier entsprechend süffig, Frische und Rezenz stimmen. Der Abgang bleibt kurz, trocken, frisch. Leicht und angenehm zu trinken, in der Konsequenz vielleicht etwas zu einfach gehalten für den Kenner.
Man sieht, man findet Höhen und Tiefen, aber im Gesamtblick betrachtet sind die Biere von Labieratorium eine wirklich schöne Ergänzung des deutschen Biermarkts gewesen, vom sehr gelungenen Labieratorium Rot mal ganz abgesehen. Schade, schade, schade – gern hätte ich mehr von diesen Brauern gesehen. Für die Cottbuser selbst war das lokale Bier offensichtlich nicht wichtig genug, und für mich hat die Stadt viel dadurch verloren.