Ich schreibe wirklich viel über Rum, habe dort wahrscheinlich auch von allen Spirituosenkategorien, die ich bespreche, den tiefsten Einblick in allerlei Details der Geschichte und Herstellung bekommen. Meine geheime Liebe galt aber immer schon, seit ich reinagavige Tequilas kenne, dem Agavenbrand aus Mexiko. Daran hat sich nichts geändert, und tatsächlich wird es aktuell deutlich leichter, auch an höchstwertige Produkte heranzukommen.
Der El Tesoro de Don Felipe Añejo gehört, wenn man die Produktionsschritte anschaut, durchaus mit in diese Qualitätsstufe. Hergestellt im südlichen Hochland (NOM-1139), werden die dort geernteten Agavenherzen in einem Steinofen gebacken und anschließend mit einer Tahona (Mühlstein) gemahlen. Allein das ist schon eine Verkostung wert, nicht allzuviele Hersteller halten sich an einen solch traditionellen Prozess.
Farblich blass, wenn man ihn mit anderen Spirituosen in der zweithöchsten jeweiligen Alterskategorie vergleicht – man muss bei Tequila natürlich darauf achten, dass diese hohe Kategorie immer noch „nur“ 3 Jahre bedeuten. Daher ist die Farbe ehrlich. Eine leichte Viskosität ist beim Schwenken erkennbar, gemächlich ablaufende Beine sorgen für einen schönen optischen Eindruck.
Die Nase wird direkt mit sehr typischen Agavennoten erfreut. Diese sind sehr präsent, das gefällt mir – daneben bilden Lavendel, Honigmelone und Bitterschokolade ein hochattraktives Gesamtbild, das mich etwas an Weinbrandbohnen oder ähnliche Pralinen erinnert. Dieser Geruch, das ist das, was ich an gereiftem Tequila liebe, und der El Tesoro de Don Felipe liefert ihn perfekt ab.
Extrem süß im Antrunk, das ist heftig. Nicht klebrig oder pappig, sondern einfach nur honigsüß, natürlich wirkend. Für manche ist das aber vielleicht schon zu viel des Guten, das gestehe ich ein. Im Verlauf bleibt er süß, dreht aber hin zum Trockenen. Gleichzeitig ist da ein Waschmittelaroma, das mich etwas stört, das nach Sekunden verfliegt. Der Tequila ist dann kräuterig, blumig, und weist eine milde aber prägnante Würze auf, ohne scharf zu werden, im Gegenteil, das cremige Mundgefühl schleift viel ab. 40% Alkoholgehalt ahnt man, sie drängen sich aber nicht auf. Im Abgang ensteht ein ganz starker Eindruck von Wintergrünöl. Aromatisch ist der Agavenbrand im direkten Abgang eher kurz, dafür aber effektvoll mit leichtem Kitzeln auf der Zungenspitze. Der Nachhall am Ende ist dann dafür wiederum sehr lang, mit vielen Agavenaromen.
Ehrlich, dieses Waschmittel im Antrunk ist schon so störend für mich, dass ich es als subjektiven Fehlton bezeichnen würde. Es trübt für mich persönlich den Gesamteindruck etwas, weil ich den Geschmack nicht mag – für andere kann dies anders ausgehen. Dennoch ein attraktiver Tequila mit herrlicher Nase, die für mich viel ausgleicht. Und je mehr ich davon trinke, um so mehr gefällt der Schatz des Don Felipe mir.
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