Zum Kanton Aargau in der Schweiz habe ich eine gewisse Beziehung, ich war in einem früheren Arbeitsleben oft auf Dienstreise dahin unterwegs, und habe die Menschen, so meine ich, etwas kennen und schätzen gelernt. In der Gemeinde Elfingen wird dort der Rheinbrand Dry Gin destilliert. Da kommt bei mir direkt etwas Nostalgie hoch – ich hoffe, ich lasse mich bei meiner Verkostung dieses Gins davon nicht allzu sehr beeinflussen. Diese Besprechung basiert auf einem 10cl-Sample.
Farblich, wie von einem London Dry Gin zu erwarten, glasklar. Eine gewisse schwere Konsistenz ist erkennbar, dennoch recht schnell ablaufende Beine am Glasrand. Die Nase ist frisch und zitronig, mit einer attraktiven Beerenfruchtigkeit. Man hat kaum Mühe, die Kirschen und Holunderblüten, die unter anderem als Botanicals dienen, herauszuriechen. Eine leichte Lösungsmittelkomponente schwingt mit.
Geschmacklich sind wir eher auf der kräuterigen, erdigen Seite. 40% Alkoholgehalt sind gut verarbeitet, ohne Stechen auf Schleimhäuten in der Nase oder im Mund. Eine spannende Aromatik – Rosmarin, Holunder, Heu, Erde, eine hohe Mineralität. Sehr ungewohnt, aber interessant. Ich vermisse den Wacholder aber sehr. Im salzigen, warmen, adstringierenden und langen Abgang kommen neben heißem Chili so langsam auch etwas Wacholderaromen auf – etwas spät erst und auch wenig für einen Gin, der von sich sagt, nach „den Vorgaben eines London Dry Gins“ (Zitat aus der Pressemitteilung) destilliert worden zu sein. Der Nachhall lebt dann vom verwendeten Riesling, ist weinig, traubig, süß. Sehr gefällig.
Ein attraktiver Gin, aber entgegen den Aussagen weit entfernt davon, klassisch zu sein. Für mich gehört er in die Kategorie der Contemporary Style Gins; wer diese Kategorie zu explorieren und etwas ungewohntes sucht, kann unbesehen zugreifen. Wer einen klassischen London Dry Gin, insbesondere für Cocktails, sucht, muss woanders zuschlagen.
Offenlegung: Ich danke Lion Spirits für die unaufgeforderte, kostenlose Zusendung des Samples.