Das Auge isst mit – ein alter Spruch aus der Küche. Wir kennen das alle, dass ein hübsch angerichtetes Essen schon vor dem ersten Bissen dafür sorgt, dass man Lust bekommt und einem die Wässer im Munde zusammenlaufen. Doch das funktioniert nicht nur für Speisen, nein, auch Spirituosen profitieren von einer edlen Präsentation enorm. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Ansätze, wenn man das Produkt aufwerten will. Einerseits kann man mit einem protzigen Dekanter aus geschliffenem Glas die Spirituose selbst erstrahlen lassen; andererseits kann man eine stimmige, unerwartete Atmosphäre entstehen lassen, die nicht primär mit dem Schnaps etwas zu tun hat, sondern mit dessen Entstehung oder Umgebung.
Beim Metaxa Grande Fine hat man sich für letzteres entschieden. Eine folkloristisch angehauchte Stimmung soll uns Genießern diese gehobene Kategorie des griechischen aromatisierten Weinbrands, die sich der sonst bei Metaxa üblichen Sternewertung entzieht und statt dessen mit einem vielversprechenden Klangnamen aufwartet, schmackhaft machen. Für mich persönlich funktioniert das gut: Die interessant geformte Flasche aus Keramik, bedruckt mit einem traditionellen griechischen Blumenmuster, liegt schwer in der Hand, wenn man sie aus dem Karton, in dem sie geliefert wird, zieht. Der aus demselben Material hergestellte, passend auf dem langen, schmalen Flaschenhals sitzende Verschluss verdeckt einen Naturkorken. Von außen also schonmal üppig gemacht, doch taugt auch der Inhalt was?
Das erste Mal sehen wir die Farbe der Spirituose also nicht schon in der Flasche. Erneut ist sie aber auch nicht wirklich relevant, weil künstlich gefärbt. Mehr noch als bei den anderen Metaxas, die in transparenten Flaschen geliefert werden, bei denen man noch argumentieren kann, dass der Kunde nur schön gefärbte Spirituosen kaufen würde (was ich heutzutage in dieser Preiskategorie bezweifle), finde ich das bei der Keramikflasche fragwürdig.
Um so bedeutsamer ist dann der sensorische Eindruck im Glas. Wer Metaxa kennt, liebt diesen Geruch – dunkle, würzig-aromatische Weinbrandbasis, unverkennbar blumige Obertöne. Im Vergleich zum letzten Monat besprochenen Metaxa 12 Stars ist er hier aber dezent und zurückhaltend. Leichte Schwefelnote, getrocknete Aprikosen, Datteln und Rosinen.
Weich und rund, samtig und flauschig liegt der Grande Fine zunächst im Mund, sehr süß nach Kandiszucker und Zuckerwatte, ohne dabei klebrig zu wirken, mit gleichzeitig vollem, kräftigem Unterbau. Der Weinbrandkörper liefert dieses Volumen, die Aromatisierung mit Rosenblüten den leichten, schwungvollen und dabei sehr edel wirkenden, nicht zu übersehenden Einzigartigkeitsfaktor. Völlig perfektioniert, ohne Ecken oder Kanten. Man kann Metaxa mit nichts anderem verwechseln, und ihn durch nichts anderes ersetzen.
Der Abgang ist klar und leicht trocken, charaktervoll, lang und äußerst angenehm. Es gibt nicht viele Spirituosen, die dies in einer derart vollendeten Form abliefern können – dafür liebe ich Metaxa. Und der Grande Fine ist die Krönung meiner Metaxa-Erfahrung. Nach einigen Minuten bleibt der einzige Kritikpunkt – die Süße, die übrigbleibt, wenn alles andere verklungen ist, wirkt dann doch etwas belegend am Gaumen.
Metaxa-Cocktails sind für mich persönlich alle sensationell. Wer aber mal wirklich was außergewöhnlich blumig-leckeres trinken will, mixt sich einen Aegean Fizz. Der Zimt kombiniert sich aufs herrlichste mit dem Rosencharakter des Metaxa, die Blutorange gibt feine, milde Fruchtsäure dazu, das Eiweiß eine samtige Textur und der Sprudel die Fizzigkeit – ein perfekter Drink, ein Traum, eine Sensation. Als würde man ein Blumenbeet trinken.
Aegean Fizz
2 oz Metaxa Grande Fine
1 oz Blutorangensaft
¾ oz Zimtsirup
1 Eiweiß
Alles auf Eis gut shaken, und mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser aufgießen.
[Rezept nach Jonathan Pogash]
Vielleicht bin ich voreingenommen, weil ich Griechenland so mag. Doch ich liebe Metaxa, mehr als alle Whiskeys, Rums, Tequilas und Liköre. Metaxa, das ist für mich mehr als ein Getränk, sondern ein Gefühl, eine Stimmung, ein Vibe. Pur ein Traum, mit herausragender Mixability. Der Grande Fine ist dabei die Krönung; wer sich das entgehen lässt, verpasst eine der Spitzenspirituosen der Welt.
Um nochmal zurück zur Flasche zu kommen – wer sie ausgetrunken hat, sollte sie nicht wegwerfen. Sie gibt nämlich eine ganz hervorragende, schöne Vase besonders für langstielige Blumen ab.
Mit diesen persönlichen Bemerkungen endet die Reihe „Sterne über Griechenland“. Ja, es gibt noch weitere Qualitäten – ich denke dabei hauptsächlich an den Metaxa Private Reserve, den Angels‘ Treasure oder den Aen, die allerdings dann in Preisregionen gelagert sind, bei denen mir persönlich das Preisleistungsverhältnis kaum noch wirklich angemessen erscheint. Wer es sich leisten kann, soll zugreifen, denn schlechter wird es bestimmt nicht. Sollte ich jemals in den Genuss kommen, diese Tropfen zu probieren, werden sie natürlich auch dann hier in Sonderausgaben der Reihe besprochen werden.
Bis dahin hoffe ich, jedem Gaumen und jedem Anwendungsgebiet dieser edelsten aller griechischen Spezialitäten gerecht geworden zu sein. Stoßen wir zusammen an und freuen uns des Lebens, mit einem lauten γεια μας!
2 Kommentare zu „Sterne über Griechenland, Teil 5 – Metaxa Grande Fine“