Manchmal tut sich was in Sachen Imagepflege bei Tequila. Neulich hatte der mexikanische Agavenschnaps einen Gastauftritt in der VOX-Fernsehdoku „Das perfekte Dinner“, der durchaus dazu angetan war, zumindest ein paar der Vorurteile abzubauen. Ein Paar, sie Mexikanerin, servierten den Gästen mexikanische Hausmannskost, und erläuterten dabei die Wichtigkeit der Nationalspirituose Mexikos, und dessen soziale Komponente bei Feiern. Passend dazu hatten die beiden auch wirklich tolle Tequilas auf dem Regal für die Gäste bereit: Don Julio Reposado und Gran Centenario Reposado, wenn ich richtig gesehen habe.
Natürlich hadere ich mit der Präsentation dieser Genießertequilas in Shotgläsern, mit Salz und Limette. Ein Cognacschwenker hätte dem gut getan; auch waren die Kommentare der Gäste, allesamt in Richtung von „ich habe mir damals mit Tequila einen Ekel gesoffen“ und „mir schmeckt so scharfes Zeug nicht“, nicht wirklich dazu angetan, diesen Versuch der Imagepolitur wirklich effektiv zu machen. Schade um die verpasste Chance.
Wenn schon Mexikaner, wenn sie einen Fernsehauftritt haben, diese Gelegenheit für Werbung nicht wirklich nutzen, muss ich für sie in die Bresche springen. Der Tequila ist für mich die großartigste Spirituose überhaupt, und gleichzeitig die meistverkannte, weil in Deutschland lange Zeit nur unterdurchschnittliche Mixtos erhältlich waren. Inzwischen hat sich das geändert, und man bekommt relativ leicht auch so brillante Edeltequilas wie den hier vorgestellten 1921 Tequila Añejo.
Im Glas ist dieser 12 Monate gereifte Single-Barrel-Tequila zunächst unscheinbar – ein blasses Goldgelb, doch wenn man an diesem Glas riecht, bekommt man eine hochattraktive Geruchsmelange, die alles zeigt, was gereifter Tequila hervorbringen kann: süßer Honig, würzig-pflanzliche Agave, kräftiger Karamell aus dem Fassholz und bunte Zuckerwatte. Lieber blass und diese Nase, als dunkel wegen Zuckerkulör.
Der erste Geschmackseindruck hört sich vielleicht etwas negativ an: Plastik. Das ist aber keineswegs so furchtbar, nur ein Eindruck, etwas ähnlich wie der Lackgeruch beim Bourbon. Am Anfang bleibt der 1921 Tequila Añejo sehr süß, voller Aromen von Honig, Ananas, Milchschokolade und Pralinen. Mit fortdauernder Verbleibdauer im Mund kommt dann aber ein mildes Brennen und eine gewisse Bittere im Hintergrund dazu. Das ist gut, denn reinsüßer Schnaps erkauft sich dies oft mit einem Mangel an Komplexität.
Im Abgang die Kehrtwende: eine überraschende pfeffrige Schärfe, die an der Zungenspitze kitzelt, gleicht die vorherige Süße aus. Im Rachen und Magen verbleibt der 1921 dann sehr warm und wohlig, aber ohne sich anzubiedern – wie ein echter Revolutionär gibt er seine Agavenwurzeln zu keinem Zeitpunkt zugunsten einer bequemen Geschmacklichkeit auf.
Ein kleiner Tip für geduldige Genießer: Lassen Sie das Glas, aus dem Sie den 1921 Tequila Añejo getrunken haben, bis zum nächsten Tag ungespült stehen, und schnuppern Sie dann an den getrockneten Resten. Herrlich! Die ganze Süße, der Karamell und die Schokolade sind dann konzentriert im Glas vorhanden, mit einer feinen Blumennote. Ein Traum für alle Olfaktoriker!
Selbstverständlich ist dieser Tequila auch für Cocktails hervorragend einsetzbar. Im Eclipse Cocktail verbindet sich die süße Charakteristik des 1921 Tequila Añejo mit der Bittere des Aperols und der Rauchigkeit des Spülmittels Mezcal. Zwei mexikanische Spirituosen in einem Glas, ein wahrhaftiger Repräsentant des mittelamerikanischen Landes.
Eclipse Cocktail
2 oz Tequila Añejo
¾ oz Kirschlikör
¾ oz Aperol
¾ oz Zitronensaft
Auf Eis shaken. In ein mit Mezcal ausgespültes Glas abseihen.
[Rezept nach Leo Robitsheck]
Die Flasche ist recht eigen designt und gefällt mir in ihrer verrückten Art und Weise, sie ist auch sehr griffig durch den langen Hals auf dem kastenförmigen Körper. Der Ausguss ist überraschend groß, wie man schon an dem riesigen Plastikstöpsel, der durch Siegelwachs überdeckt ist, erahnen kann. Das aufgesetzte Plastikschild mit Agavensymbol und der namensgebenden Jahreszahl (laut Hersteller erinnert der Name 1921 an das Ende der mexikanischen Revolution, passend dazu ist der grimmig vom Flaschenhals stierende Emiliano Zapata) wertet auf; im passenden Geschenkkarton geliefert ist dieser Tequila ein wirklich auch optisch was hermachender Zusatz für jede Hausbar mit Stil.
Es gibt ihn selbstverständlich auch in den kürzeren Reifegraden Blanco und Reposado; ein besonderes Schmankerl für Tequilafreunde ist dann noch die sahnig-cremige 1921 Crema de México. Es lebe die 100%-Agave-Tequila-Revolution!
3 Kommentare zu „Viva la revolución! 1921 Tequila Añejo“