10 Flaschen Bier an der Wand – Die Hausbar, Kapitel 1: Die hochgeistige Grundausstattung

In dieser Reihe von Artikeln möchte ich angehende Heimmixologen dabei beraten, wie man sich effektiv eine kleine, aber feine Hausbar einrichtet. Im ersten Teil geht es um die Grundspirituosen, die man braucht, um vernünftige erste Schritte zu tun.

Der erste Einkauf wird den Geldbeutel recht stark belasten, denn schon für simple Cocktails benötigt man mehrere Zutaten. Ist aber der erste Schritt mal getan, kann man je nach persönlicher Präferenz die Bar in kleineren Schüben immer weiter ausbauen – tendiert man mehr zu klassischen Cocktails, wird die Whiskey- und Tequila-Schiene wohl immer größer; bei Tiki-Cocktails die Rum-Schublade; bei modernen Drinks das Vodka-Regal. Für die meisten Gruppen habe ich noch Ergänzungen angeboten, falls es neben dem Basissortiment auch eine feinere, besondere Variante sein soll.

Letztlich ist zur Vorsicht geraten: Schnell kann so eine Hausbar zum Kaufrausch verleiten, und die aus einer Laune heraus gekauften Spirituosen im Regal ein tristes Dasein fristen, weil der fünfte Bourbon oder siebte Rum dann eben kaum zum Einsatz kommt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es manchmal extrem schwierig ist, der Versuchung von Sonderangeboten zu widerstehen – daher empfehle ich nur, sich eine Wunschliste anzulegen, und das neue Objekt der Begierde erstmal auf die Liste zu legen und ein bisschen „reifen“ zu lassen. Hin und wieder verschwindet der Kaufdrang dann mit der Zeit.

Wo kauft man am besten Spirituosen? Für diese erste Einkaufsliste ist der Gang in den Supermarkt ausreichend – das meiste davon wird man ohne Schwierigkeiten finden. Wer sich dann später ausweiten will, ist bei Online-Shops deutlich besser beraten; gerade Spezialitäten sind dort klar billiger, trotz der Versandkosten. Manche Schnäpse findet man eh überhaupt nur dort. Sammelbestellungen helfen, die Versandkosten zu reduzieren.

Rum

Obwohl meine Zuneigung zu Rum einen Dämpfer erfahren hat, gehört Rum in jede Hausbar. Gerade für Anfänger ist Rum eine dankbare Spirituose – daher gibt es auch  Empfehlungen für die unterschiedlichen Sorten.

havana-club-smallWeißer Rum, spanisch blanco, wird selten pur getrunken. Er ist hauptsächlich der Mixer für klassische Longdrinks und Cocktails. Eine Flasche Havana Club Añejo 3 Años darf in keiner Hausbar fehlen, auch wenn es eigentlich kein blanco ist – er wird zumindest wie einer verwendet.

oldpascas-smallDunklen, gealterten Rum bekommt man in vielen Abstufungen, vom (für Rumverhältnisse) leicht gealterten Vierjährigen bis zum extragealterten Zwölfjährigen. Für die ersten Schritte tut es ein Old Pascas Ron Negro, der ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis bietet.

Ergänzung: Obwohl ich die heimlich gesüßten Rums nicht wirklich weiterempfehlen will, für den tiefen, süßen Zuckerkick gibt es kaum einen geeigneteren Süßrum als den Botucal Reserva Exclusiva. Das ist was zum Lutschen und zum Mixen für die süßeren Cocktails.

Ergänzung: Damit man aber auch für die Purtrinker und Kenner, die vielleicht als Gast aufschlagen, was zu bieten hat, stelle man sich eine Flasche Appleton Estate Extra 12 ins Regal. Für Cocktails, die nach Jamaica-Rum verlangen, ist er ebenso das Nonplusultra.

Whiskey

Für eine Heimbar, die sich hauptsächlich an Cocktails orientiert, lassen wir einfach den kompletten Bereich des nicht-amerikanischen Whisk(e)ys aus – Scotch, japanischer, kanadischer und irischer Whisk(e)y sind dann später gern gesehene Gäste.

bulleitbourbon-smallFür viele klassische Prohibition-Era-Cocktails ist Bourbon unverzichtbar. Jeder kennt den weißetikettierten Jim Beam – und wer was vernünftiges trinken oder mischen will, lässt ihn auch weg. Stattdessen eine Flasche Bulleit Bourbon ins Regal, und der erste Schritt in die richtige Richtung des hauptsächlich Mais-basierten Getränks ist getan.

jimbeamrye-smallLange war Rye-Whiskey vom Markt verschwunden. Doch diese eigentlich recht ursprüngliche Roggen-Whiskey-Sorte ist inzwischen wieder sehr beliebt. Für den Anfänger empfiehlt sich der überraschend gute Jim Beam Rye, der sich gut in Manhattans oder Sazeracs macht.

Ergänzung: Wer einem Gast, der auch mal pur trinkt, einen Gefallen tun will, stellt sich noch eine Flasche Woodford Reserve Kentucky Straight Bourbon ins Regal.

Tequila

In Deutschland hat Tequila einen schweren Stand, obwohl er so ganz langsam, im Zuge des steigenden Interesses an qualitativ hochwertigen Spirituosen, das mit dem Gincraze einhergeht, an Boden gewinnt. Für Tequila gibt es drei Alterungsstufen: blanco, reposado und añejo. Wichtig dabei: es sollte auf jeden Fall ein 100%-Agave-Tequila sein. Die Mixtos wie Sierra Tequila oder José Cuervo Especial lasse man besser im Supermarkt stehen, wenn man Qualität in seiner Bar haben möchte.

agavitaandsauza-smallDer Heimmixer, der hauptsächlich die üblichen Verdächtigen mischt, wie Tequila Sunrise und Margarita, ist wahrscheinlich mit einem blanco oder reposado als erster Flasche gut bedient. Wer in einem Großmarkt wie Metro einkaufen kann, sollte sich den Agavita Platinum Tequila für einen sehr moderaten Preis holen; wer dies nicht kann, greife zum Sauza Hornitos Reposado.

agavitablanco-smallFalls die Tequila-Liebe (unverständlicherweise) eher begrenzt ist, und man dann halt doch einen Mixto aus Preis- oder Erhältlichkeitsgründen kaufen muss, ist der Agavita Blanco noch eine der unschlimmsten Varianten.

Ergänzung: Tequila ist eine erstklassige Purgenießer-Spirituose. Wer sich damit auseinandersetzen will, probiert mal einen Herradura Añejo aus.

Wermut

Wermut ist eine weinbasierte Spirituose, bei der der Wein verstärkt und mit Kräutern, Gewürzen und anderen meist geheimen Zutaten aromatisiert wird. In einer ungeheuren Menge von Cocktails wird Wermut, entweder weiß/trocken/französisch oder rot/süß/italienisch, eingesetzt. Von beiden Varianten wird eine Flasche gebraucht.

martiniandnoilly-smallMartini Rosso ist ein hervorragender, preisgünstiger und leicht erhältlicher süßer Wermut; Noilly Prat diene als Beispiel für einen trockenen Wermut mit ähnlichen Eigenschaften.

Bei Wermut muss die im Vergleich zu stärkeren Spirituosen beschränkte Haltbarkeit berücksichtigt werden. Also möglichst kleine Flaschen kaufen, und diese mit Weinpumpe versiegelt im Kühlschrank aufbewahren, sonst droht das Schimmelfiasko.

Vodka

Persönlich bin ich kein Vodka-Fan. Die langweiligste aller Spirituosen ist für mich, selbst mit meiner nun recht großen Bar, nur mit einer Sorte vertreten. Daher gibt es eigentlich für mich wenig Empfehlungen, die ich aussprechen kann.

smirnoff-smallIch bevorzuge Smirnoff, Absolut oder Russian Standard. Meist die Sorte, die gerade im Angebot zu haben ist.

Lassen Sie die Billigpräsidenten Jelzin, Gorbatschow und andere Superbilligmarken im Regal, die sind voller Fuselstoffe mit Kopfweh- und Katergarantie.

Gin

Der Gincraze ist im vollen Gange – jeden Monat tauchen neue Sorten von Gin auf dem Markt auf, da kann man schnell den Überblick verlieren. Da sich die Ginsorten aber, ähnlich wie beim Vodka, nur in Marginalien unterscheiden, die vielleicht für Purtrinker oder Hipster interessant sind, reicht auch hier eine Flasche.

gordons-smallIch hoffe, man prügelt aus dem Gindom nicht zu sehr auf mich ein, wenn ich als ersten Standardgin den Klassiker Gordon’s London Dry Gin empfehle.

Ergänzung: Für den feineren Gaumen ist der nächste logische Schritt ein edler Hendrick’s Gin, der mit feinem Gurkenaroma und floralen Noten aufwarten kann.

Likör

Die Kategorie der Liköre ist riesig und völlig unterschiedlich – und für Cocktails kaum erschöpfend zu behandeln, zumindest für den angehenden Heimbartender.

chadess-smallDennoch ist ein Triple Sec ein zwingender Kauf – diese Orangenlikörgruppe ist eine Standardzutat in unendlich vielen alten und neuen Cocktails. Zum Beispiel den günstigen Chadess von Aldi Süd, oder den preislich ähnlich gelagerten Le Favori, den man in vielen Supermärkten bekommt.

campari-smallCampari kann man mögen oder hassen; wer Cocktails mixen will, kommt nicht ohne ihn aus.

Das gute an dieser Kategorie ist, dass man meist eh schon etwas davon im Haus hat – Ramazotti, Amaretto, Aperol und ähnliches sind auch ohne Hausbar beliebte Getränke, die auch gut in Cocktails verarbeitet werden können.

Sonstige Zutaten

angostura-smallLange waren sie totgesagt, inzwischen kommt selbst die Heimbar nicht mehr ohne sie aus: Bitter. Letztlich ein Thema für sich und hauptsächlich für den etwas ambitionierteren Privatbartender interessant, ist dennoch ein Fläschchen Angostura unbedingt nötig.

zuckersirup-smallZuckersirup kann man selbst herstellen, indem man Rohrzucker mit Wasser einkochen lässt; wer diese Mühe scheut, holt sich eine Großflasche Zuckersirup, beispielsweise von Monin. Großflasche deshalb, weil sie lange haltbar und gleichzeitig ein großer Bedarf nach Zuckersirup in Cocktails vorhanden ist.

säfte-smallSäfte können ein Problem darstellen, weil sie nur sehr begrenzt haltbar sind, vor allem, wenn die Packung einmal geöffnet wurde. Auch hier, wie beim Wermut, empfehle ich daher möglichst kleine Portionen, idealerweise in durchsichtigen Flaschen, damit man den Zustand (zum Beispiel die dicke, auf dem Saft schwimmende Schimmelschicht) ohne Taschenlampe vor dem Ausgießen erkennt.

Orangensaft beispielsweise, selbstverständlich absolut unverzichtbar, gibt es statt den Liter-Tetrapacks auch in 0,2-Liter-Plastikfläschchen.

Ich garantiere, dass einer der ersten von Ihnen erwünschten Cocktails für einen Gast ein Cosmopolitan sein wird – Sex and the City sei dank. Cranberrysaft muss daher immer vorrätig sein.

Grapefruitsaft ist ein gern gesehener Spieler, der eine schöne Bitterkeit und gleichzeitig freche Fruchtsäure mitbringt.

Ananassaft schließlich findet man in vielen tropischen Cocktails. In meinem Bioladen gibt es ungesüßten Ananassaft in idealen 0,2-Liter-Glasflaschen.

Wer den Aufwand, Limetten und Zitronen auszupressen, scheut, kann sich nach entsprechenden Konzentraten umsehen. Aus eigener Erfahrung empfehle ich aber ganz klar, diese sauren Fruchtsäfte, die man in praktisch jedem Cocktail braucht, aus frischen Früchten selbst auszupressen.

früchte-smallUnd schließlich frische Zutaten, die man ständig nachkaufen muss – die eine oder andere Zitrone, viele viele viele Limetten, und einen Balkontopf mit Minze und Basilikum.

Endgültige erste Einkaufsliste für den Anfang

1 x 0,7l-Flasche Havana Club Añejo 3 Años Rum

1 x 0,7l-Flasche Old Pascas Ron Negro Rum

1 x 0,7l-Flasche Agavita Platinum Tequila

1 x 0,7l-Flasche Bulleit Bourbon Whiskey

1 x 0,7l-Flasche Jim Beam Rye Whiskey

1 x möglichst kleine Flasche Martini Rosso Wermut

1 x möglichst kleine Flasche Noilly Prat Wermut

1 x 0,7l-Flasche Smirnoff Vodka

1 x 0,7l-Flasche Gordon’s London Dry Gin

1 x 0,7l-Flasche Le Favori Triple Sec

1 x 0,7l-Flasche Campari Likör

1 x 0,1l-Flasche Angostura Bitter

1 x 0,7l-Flasche MoninZuckersirup (falls man ihn nicht selbst herstellt)

Säfte in möglichst kleinen Behältnissen nach Wunsch und Bedarf

Frische Zutaten nach Wunsch und Bedarf

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

2 Kommentare zu „10 Flaschen Bier an der Wand – Die Hausbar, Kapitel 1: Die hochgeistige Grundausstattung

  1. Hey,
    anstatt sich seine Homebar nach einer direkten „Long Island“ Liste aufzubauen, würde ich euch eher raten sie mit eurem „Lieblingscocktail“ anzufangen. Dann tauscht ihr einfach mal die Basisspirituosenmarke gegen eine andere aus oder ersetzt sie gänzlich -Gin Fizz zum Whisk(e)y Sour- so lernt man recht schnell die „Logik“ oder den Sinn der Mischungsverhältnisse hinter den „Mixed Drinks“.
    Gruß

    1. Das hängt meines Erachtens vom Ziel ab, das man erreichen will. Persönlich habe ich zum Beispiel keinen „Lieblingscocktail“ – ich möchte viel experimentieren, ausprobieren, und ein breites Spektrum an Cocktails direkt zu Beginn herstellen können, und würde mich sehr eingeschränkt fühlen, wenn ich nur einen oder zwei herstellen und dann nur variieren könnte. Da ist man, meiner bescheidenenen Meinung nach, in einer Bar mit einem guten, ansprechbaren Bartender besser bedient.

      Aber natürlich ist Dein Ansatz auch völlig gültig – insbesondere, wenn die eigene Hausbar weniger in die Breite geplant ist, sondern auf ein, zwei, drei feine Cocktails, die man mag, ausgerichtet werden soll.

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