Frischer Rum aus frischer Brennerei – Papa Rouyo Le Rejeton Blanc Pure Single Agricole Rhum

Papa Rouyo Le Rejeton Blanc Pure Single Agricole Rhum Titel

Sie ist meines Wissens die jüngste der Brennereien auf der Insel Guadeloupe, und sie war der letzte Abstecher, den wir damals 2022 im Zuge von Spirits Selection by CMB gemacht haben, als wir alle großen Brennereien auf der Hauptinsel und auf Marie-Galante besichtigten. Wir waren schon müde, das war ein anstrengender Trip, das Klima war heiß und feucht, man kam morgens nass aus der Dusche und blieb dann bis abends in diesem Zustand. Mit dem Bus wurden wir von Damoiseau nach Reimonenq, von Bologne nach Longeteau transportiert, besuchten Montebello und Karukera, wurden mit dem Katamaran und dann wieder mit dem Bus von Bielle nach Père Labat und Bellevue gefahren, da blieb kein Straßenkilometer auf der Insel ungenutzt. Wie gesagt, Papa Rouyo kam zum Schluss, sozusagen als kleines Sahnehäubchen auf die Rumtorte – erst ein Jahr zuvor hatte die Produktion begonnen, wir waren also bei einem ganz frischen Unternehmen, das sich deutlich versuchte, mit einem modernen, jungen Anstrich von der traditionellen Konkurrenz auf der Insel abzugrenzen.

Joris Galli, Mitgründer und Präsident von Papa Rouyo, saß während des Wettbewerbs mit an meinem Jurorentisch, berichtete immer wieder ein paar kleine Details über die Mikrodestillerie in Goyave auf Basse-Terre. Der Rum, den ich von dort mitgebracht hatte, war der Papa Rouyo Le Rejeton Blanc Pure Single Agricole Rhum, eines der ersten Projekte, die dort gemacht wurden – und wir konnten eine Variante davon direkt aus der Destille laufend probieren. Er wird doppelt destilliert aus reinem Zuckerrohrsaft der sehr technisch klingenden Sorten R579, B69.566 & B80.689, alle werden in der Gegend von Le Moule, wo die Brennerei steht, angebaut, auf Boden, der stark von Ton und Kalkstein geprägt ist, was für den Rum Frische und Struktur verspricht. Natürlich gibt es keine Zusatzstoffe im Endprodukt, der Alkoholgehalt ist auf für die Insel sehr typischen 56% eingestellt. Zurück im dann schon herbstlichen Deutschland machte ich die Flasche schnell auf, und stelle sie nun mit etwas Verspätung hier vor.

Papa Rouyo Le Rejeton Blanc Pure Single Agricole Rhum

Natürlich ist so ein Rum völlig klar, ohne jeden Einschluss, ich erwähne das nur der Vollständigkeit halber. Was durchaus erwähnenswert ist, ist aber die extreme Öligkeit, mit der der Rum im Glas schwappt, das fühlt sich fast wie Sirup an, und entsprechende fett ist der Film, der sich am Glas bildet und träge abläuft.

Für die Nase verschwimmt beim Le Rejeton die Grenze zwischen Rhum Agricole und Cachaça, mehr als bei vielen anderen Zuckerrohrrums. Sehr grasig und grün, mit der vollen Kraft des Zuckerrohrsafts. Pur, natürlich, eine wunderbare Abbildung. Dabei schwingt eine unterschwellige Würze mit, ganz dezenter Zimt, etwas Muskatnuss, etwas Kardamom, aber nur in feinsten Ausprägungen. Dazu kommt diese maritime Mineralität, man riecht das Meer und die Hitze auf dem Zuckerrohrfeld gleichzeitig, salzige Steine, guadeloupische Bananen (die, wie ich herausgefunden habe, sehr anders schmecken als das, was man bei uns so bekommt) und auch etwas vom Teer der Straße, auf der man die Insel überquert. Sehr aromatisch, sehr komplex, sehr dicht.

Papa Rouyo Le Rejeton Blanc Pure Single Agricole Rhum Glas

Gerade die Mineralität spürt man schon im Antrunk. Süße und Salzigkeit sind beide dominant von Anfang bis Schluss, ein echter Inselcharakter voller Wucht und Dramatik. Sehr ölig ist die Textur auch am Gaumen, wie schon gesehen, fett und breit legt sich das auf die Schleimhäute und triggert sie mit einem wilden, aktiven Feuer. Man schmeckt die Bananen, ein bisschen Guave, aber vor allem das pure Zuckerrohr, wie es aus der Presse läuft. Im Abgang wird es bitter, herb, bleibt dabei vegetabil und grünlich, beginnt balsamisch zu klingen mit fast dunklen Tönen von Kakao, Datteln und einem Hauch von frisch gerösteten Kaffeebohnen. Im Rachen verbleibt die Bittere, die Hitze wird ersetzt durch einen kühlen Hauch, dann ist der Rum zeitig auch wieder verklungen.

Das ist eine Wuchtbrumme, die nur ansatzweise versucht, die Gewalt einzufangen, ihr eher freien Lauf lässt. So einen Rum muss man pur vertragen können, das ist sicher nichts für jeden, wer aber auf dichte, brummende und wilde Aromen steht, und auch den Alkoholgehalt aushält, bekommt ein direktes Erlebnis der Insel Guadeloupe in konzentrierter, destillierter Form.


Natürlich trinke ich das im Ti’Punch, ohne Frage, gerade aktuell, als ich diesen Artikel schreibe, wo es 35°C in Saarbrücken hat – da fühlt man sich doppelt nach Guadeloupe zurückversetzt. Es geht aber auch elaborierter, im Necromancer. Der Le Rejeton lässt sich auch von den anderen Zutaten nicht den Mund verbieten und bleibt dominant, gibt aber der Gesellschaft die Möglichkeit, sich auch einzugliedern in ein sehr buntes Gesamtbild.

Necromancer Cocktail

Necromancer
1½oz / 45ml ungereifter Rhum agricole
¾oz / 23ml Grapefruitsaft
¾oz / 23ml Cocchi Americano
½oz / 15ml Falernum
1 Spritzer Absinthe
Auf Eis shaken.

[Rezept nach Vince Bright]


Zur Flasche gibt es nicht besonders viel zu erzählen, sie ist eine typische Rumflasche mit dem leicht bauchigen Hals, klares Glas, sehr zurückhaltend gestaltete Etiketten mit sehr elegant wirkendem Gold auf sauberem Weiß.

Etwas mehr dagegen gibt es von der Brennerei zu berichten, die ich im Sommer 2022 besucht hatte. Sie und eine Craftbier-Brauerei („Lékouz“) teilen sich die Örtlichkeit in Goyave, wenige Meter vom Meer: ein Gebäude, das fast komplett mit Graffiti dekoriert ist, und auch innen mit regionaler Kunst versehen. Die zwei Brennapparate stehen zentral, moderne Technik, wie man sehen kann.

Ein bisschen frischer Zuckerrohrsaft wurde für uns ausgepresst, sowas nehme ich natürlich immer gerne mit – die Kombination aus Rum und Bier und karibischer Atmosphäre und warmem Wetter ist natürlich gefährlich, es ergab sich ein wunderbar entspannter Abend bei Papa Rouyo und Lékouz, an dessen Ende ich mich nicht mehr erinnere. Was kann man besseres über einen Brennereibesuch sagen!

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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