Neulich erst fand ich eine spannende Diskussion darüber, ob man das „I“ im Bierstil IPA nicht uminterpretieren sollte – es kann durchaus als eine Art koloniale Last gesehen werden, denn ein IPA wurde ja tatsächlich ursprünglich nicht für Inder oder in Indien gebraut, sondern um dem britischen Besatzer ein bisschen Heimat nahezubringen in dem fremden Land. In eine ähnliche Richtung geht auch die Bezeichnung „Indian Ocean Pale Ale“, die man beim Thirsty Fox Indian Ocean Pale Ale der Oxenham Craft Brewery auf Mauritius gewählt hat. Selbstbewusstsein und lokaler Stolz, das ist durchaus eine Initiative, die ich gerne unterstütze. Das Motto „Made in Moris“, auf dem Rücketikett zitiert, passt gut dazu. Ich hatte ja dank meiner Freundin Solveig Gertz, die Rums von der Insel nach Deutschland importiert, bereits Biere von der Brauerei im Indischen Ozean besprochen, und das Indian Ocean Pale Ale geselle ich gerne dazu – auch dieses hat sie unter viel Mühen extra für mich von ihrer letzten Reise mitgebracht. Da schmeckt das Bier sicher doppelt gut!
Leicht opalisierend, leicht trüb, in einem leuchtenden, hellen Kupfer, das passt zur exotischen Stimmung, die das Etikett mit dem bunten Fisch (ist das ein Red Snapper?) schon eh erweckt – sehr witzig, wie der Fischschwanz über das Etikett hinausragt. Der fingerdicke, feinblasige Schaum, der beim Eingießen dazu entsteht, und auch nach ein paar Minuten noch gut da ist, ergänzt einen sehr gelungenen optischen Ersteindruck.
Ich habe nicht erwartet, dass sich die Exotik auch in den Geruch transportiert, und das passiert auch nicht – man erhält einen stabilen, stiltypischen Hopfenduft. Der Hopfenwurde in Zusammenarbeit mit Africa Hops ausgewählt, auch hier sieht man den regionalen Bezug. Mildfruchtig, mit schöner Mischung aus zestiger Zitrusfrucht, die Frische und Frechheit erzeugt, und milder, rotbeeriger Marmeladigkeit, welche für eine süße, dichte Basis sorgt. Ein bisschen schimmert noch die Gerste durch, immer schön, wenn mehr als nur Hopfen in einem IPA zu erschnuppern ist.
Das geht ansatzlos an den Gaumen über, die Bitterkeit von 28 IBU ist gut gewählt und eingesetzt, die Bittere des Hopfens ist sehr hübsch eingebunden in den vollen, dicht texturierten Körper, ausgeglichen von der natürlichen Süße. Ein volles Mundgefühl, das aber nicht schwer wirkt durch die üppige Karbonisierung, entsteht. Frucht ist zurückgenommen, nun deutlich eher zestig und zugegebenermaßen im Rachen ein bisschen herbtrocken, doch die Rezenz, die in Kombination all dieser Faktoren entsteht, ist für ein Inselparadies sicher perfekt geeignet, wie auch die Leichtigkeit mit 4,8% Alkoholgehalt. Der Abgang ist dann gefühlt wirklich etwas maritim, mit ganz vorsichtiger Salzigkeit und einem Touch von Algen im Nachhall, sehr apart finde ich das.
Handwerklich makellos, interessant und sogar mit etwas Lokalkolorit. Es ist schade, dass es für meine Leser schwer wird, dieses Bier selbst ins Glas zu bekommen; aber vielleicht kann Solveig anfangen, neben Rum auch Bier durchgängig von Mauritius nach Deutschland zu schaffen. Ich rede mal mit ihr!
