Geschichten aus 1001 karibischer Nacht – Foursquare Raconteur Single Blended Rum

Foursquare Raconteur Single Blended Rum Titel

„Did you know? [The word] Raconteur has old French roots.“ Ach! Das Wörterbuch von Merriam-Webster ist hier vielleicht ein bisschen platt direkt, aber wenigstens machen einem solche Wörter, die tatsächlich zur englischen Sprache gehören, etwas klarer, was das moderne Englisch ist: eine wilde Mixtur aus britonischen, germanischen und französischen Bestandteilen, mit etwas Latein angereichert, erklärt natürlich durch die bewegte Eroberungsgeschichte der britischen Inseln. Insbesondere die historischen Verbindungen zwischen England und Frankreich haben dafür gesorgt, dass es dermaßen viele französische Lehnwörter im Englischen gibt, dass man ohne sie praktisch keinen Satz schreiben kann – das läuft aber unter dem Radar, und kaum ein native speaker ist sich dessen bewusst. So musste ich neulich lachen, als eine Petition für die „Reinheit der englischen Sprache“ veröffentlicht wurde, in deren Text ein humorvoller Kommentator jedes zweite Wort als Lehnwort markiert hatte; solche Dinge zeigen einem die Futilität jeder präskriptiven Sprachpolizei. Pardon my French.

Die Wortgeschichte ist aber hier nur von untergeordneter Bedeutung, man hat sich bei Foursquare schon vor ein paar Jahren entschieden, seltsame Wörter für ihre Abfüllungen zu verwenden, mit mehr oder weniger Sinn dahinter. Die „Geschichtenerzähler“, so die Übersetzung des Worts, die man mit dem Foursquare Raconteur Single Blended Rum ehren möchte, sind Luca Gargano und Stephen Remsberg, zwei wohlbekannte Namen in der Rumwelt. Entsprechend hat man hier zwei Rums verblendet, die beide für sich schon ein Blend sind: aus einem Destillat der typischen Foursquare-Kombination von Double Retort Pot Still und traditioneller Coffey-Doppelsäule hat man einen Teil 17 Jahre in Ex-Bourbon-Fässer gelegt, und einen zweiten Teil erst für 5 Jahre in ähnliche Ex-Bourbon-Fässer, danach weitere 12 Jahre in Ex-Sherry-Oloroso-Fässer. Kompliziert und verschachtelt wie die Geschichten aus 1001 Nacht, so eine Mixtur hätte man auch „Sheherazade“ nennen können! Am Ende steht jedenfalls das älteste Endprodukt, das Foursquare bisher mit Velier abgefüllt hat. Genug Geschichten erzählt, ab ins Geschmacksprofil.

Foursquare Raconteur Single Blended Rum

Ich bin zu voreilig – wir schauen uns einen solchen Brand ja immer erstmal rein optisch an. Hier würde ich farblich ein Terracotta zuordnen, mit hellorangenen Lichtreflexen, die fast ins Weiße übergehen. Im Schwenkverhalten gefällt mir die Schwere, mit der sich die Flüssigkeit bewegt, die kleinen Strudel, die sich dabei bilden, und der Flocatiteppichrand, den man danach an der oberen Glaswand findet; er bleibt lange so stehen.

Barbados-Rum hat, wenn tatsächlich rein auf Barbados hergestellt, gereift und abgefüllt (nein, das ist nicht so selbstverständlich, insbesondere die letzten zwei Punkte sind durch gewisse Abfüller leider stark aufgeweicht), eine extrem hohe Typizität in der Nase. Raconteur bildet das wirklich extrem gut ab: Ein mildes Fruchtkompott aus Orange, ältere Mandarinenschale und einem Tick Litschi bildet die Basis, darüber kommt ordentlich Kokosfleisch aus einer frisch geöffneten Nuss, Macadamia-Nüsse und etwas buttriges Shortbread. Voll und weich, nur ein minimalster Lackanflug ist vorhanden, ohne wirklich sich aktiv zu melden. Ganz sanft blitzt im Detail ein bisschen schwere Lilie auf, bei der die Blütenblätter schon abfallen. Ausgesprochen angenehm.

Foursquare Raconteur Single Blended Rum Glas

Wer mag, füge gern ein paar Tropfen Wasser hinzu, bei einer Alkoholstärke von 61% nehme ich das niemand krumm – brauchen tut es der Rumfreund allerdings nicht. Wie schon optisch beobachtet legt sich der Raconteur richtig breit in den Mund, vom Antrunk an spürt man die Dichte und Schwere dieses Rums, die Textur ist fett und ölig. Starksüß, natürlich wirkend in dieser Beziehung, mit Eindrücken von Honig, etwas warmem Vanillepudding, ganz dezent Zimt und Krokant, fast wie eine Praline wirkt das in manchen Momenten auf mich. Pistazien, vielleicht sogar leicht gesalzene, brauner Kandis und etwas Karamell geben weiterhin Süße und gleichzeitig Würze. Heller Tabak, Kokosnussschale, ein Hauch Estragon, ein noch kleinerer Hauch Nelke und dann noch gebrannte Mandeln – die Balance zwischen Salz und Süß ist wirklich hervorragend getroffen, erinnert mich fast etwas an Salted Caramel, mit all den Suchtfaktoren, die diese Süßigkeit für mich so unwiderstehlich macht. Dabei gibts aber auch kräftige Wärme, das ist kein Spiel, dieser Rum, der hat Power, die man lange am Gaumen mit viel Kribbeln und gegen Ende guter, nicht überhand nehmender Trockenheit, spürt, und tief im Rachen. Zum Schluss kommt eine gewisse Grünheit dazu, Geranien vielleicht, und der Ausklang ist lang, effektvoll und ausdauernd.

Ein Rum, der einen zum Verweilen einlädt. Nicht, weil er irrsinnig komplex wäre, sondern einfach weil er einfach alle Aspekte perfekt in sich integriert. Hier kann selbst der Analyst, wie ich einer bin, für ein paar Minuten das Hirn abschalten und dieses großartige Mundgefühl in Kombination mit breiter Aromatik genießen. Das geschieht mir selten genug, umso dankbarer bin ich dem Raconteur dafür.


So ein Rum macht sich natürlich in jedem Cocktail gut, der eine gute Rumbasis braucht, ohne wirklich mit extremen Aromen alles zu übernehmen. Der La Luna baut auf so eine Basis, ergänzt noch leicht mit Kräuterlikör und Sherry, die hier nur bereits grundsätzlich vorhandene Eindrücke verstärken, und etwas Armagnac, der wirklich gut zum Raconteur passt. Ein wirklich dickes Ding, sowohl vom Aroma als auch der Stärke her, ein richtig guter Absacker nach einem harten Tag.

La Luna Cocktail

La Luna
1½oz / 45ml gereifter Rum
½oz / 15ml Armagnac
½oz / 15ml PX Sherry
⅓oz / 10ml Bénédictine
1 Spritzer Salzlösung
Auf Eis rühren. In ein mit Absinthe ausgesprühtes Glas abseihen.

[Rezept nach Nicklas Jørgensen]


Die liebevolle Gestaltung der Miniaturflaschen des VSGB-Projekts erwähne ich einfach immer wieder bei Rezensionen dieses tollen Projekts, weil ich es unglaublich schätze, wieviel Aufwand da offensichtlich reingeht. Auch hier findet man eine exakte Replikation der Vollflasche, mit allem was dazugehört, vom fühlbar strukturierten Etikett bis zum Karton, der weiterhin natürlich nummeriert ist und die Limitierung der VSGB-Flaschen klar macht.

Ich sage es mal so: die Aromatik ist klar ähnlich der, die man zum Beispiel im Doorly’s XO findet; nur eben hundertmal runder, dichter und feiner. Da besteht gar keine Konkurrenz, die zwei spielen in unterschiedlichen Ligen. Wer sich also schonmal mit so einem Rum aus Barbados (tatsächlich rein von dort!) beschäftigt und die Erfahrung genossen hat, der kann mit dem Foursquare Raconteur dieses Erlebnis vielfach verstärkt wiederholen. Dem Geschichtenerzähler zuzuhören macht Spaß, versprochen, und lohnt jeden Aufpreis.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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