Etiketten sagen alles – The Glenrothes 10 Years Old Speyside Single Malt Scotch Whisky

The Glenrothes 10 Years Old Speyside Single Malt Scotch Whisky Titel

Die Hersteller von Spirituosen haben den Trend erkannt – immer mehr Menschen sind nicht nur einfache Konsumenten, sondern wollen auch Informationen über das Produkt, das sie trinken. Daher findet man immer häufiger Tasting Notes auf den Etiketten der Flaschen jedweder Kategorie; ich meine, das hat bei Weinen angefangen, weil dort die Hilflosigkeit der Laientrinker meist noch größer ist als bei Gebranntem. Wenn das so weitergeht, werden wir Spirituosenblogger arbeitslos. Nein, tatsächlich gibt ein guter Blogger auch immer etwas mehr Inhalt mit als nur drei, vier Geschmackseindrücke (selbst wenn es, wie bei mir, nur geschwurbelte Einleitungen sind), und sichert sich so seine Leserschaft trotz Etikettenkonkurrenz.

Frontal kann man also auf dem Etikett des The Glenrothes 10 Years Old Speyside Single Malt Scotch Whisky lesen, wonach dieser Single Malt schmecken soll – Vanille, Shortbread, Zitronenschale. Klingt schonmal sehr angenehm, und zeigt mir auf, dass hier sowohl süße als auch bittere Aspekte zu erwarten sind, zu einem jungen Whisky passt das ja durchaus. Woraus entstehen diese Aromen? Die Verwendung eines Ex-Sherry-Fasses ist heutzutage ja beinahe nicht mehr erwähnenswert, für mich fühlt es sich an, als ob der ganze Sherry in Spanien nur noch dafür hergestellt wird, dass die Fässer später nach Schottland verkauft werden können, aber das ist jetzt vielleicht etwas zu sehr zugespitzt formuliert. Mit zurückhaltenden 40% Alkoholgehalt und ohne Färbung kommt er in die Flasche, und von dort aus in mein Glas.

The Glenrothes 10 Years Old Speyside Single Malt Scotch Whisky

Die Etikettenfarbe passt schonmal gut zum Inhalt der Flasche, helles Bernstein, durchgängig leuchtend, mit etwas dunkleren und helleren Lichtreflexen, die zur Basisfarbe passen. Lebendigkeit ist eher das Schwenkverhalten als Viskosität, an der Glaswand bleiben aber deutlich sichtbare Schlieren.

Die Nase hat viel typisches für den Stil und die Herkunft, fruchtig und helltönig, mit Aromen von Ananas, und, ja, auch der angekündigten Vanille und dem Shortbread. Süßlich wirkt das, mit Anklängen von Orange, Zitronengras und grünem Tee. Schnuppert man tief, findet man eine Spur von Chlor, darunter dann nur noch Ethanol, das aber nicht piekst – hier erkennt man die Jugendlichkeit des Brands. Tiefer will man nicht gehen, muss man aber auch nicht, das ist definitiv eher was für die kurze Nase, nichts für die lange Exploration.

The Glenrothes 10 Years Old Speyside Single Malt Scotch Whisky Glas

Direkt im Antrunk spürt man auch, dass sich dieser grundsätzliche Eindruck im Mund nicht ändert. Relativ schmal und leicht kommt er auf der Zunge an, entwickelt sich dort auch nicht wirklich weiter. Die Aromen sind bereits von der Nase definiert, Komplexität sucht man vergebens, im Gegenteil, geschmacklich wirkt der Glenrothes viel ärmer und spannungsloser als noch in der Nase. Im Verlauf löst sich der Körper geradezu auf und gibt einem generischen, alkoholgetriebenen Feuer Raum, das praktisch keinen Charme mehr hat. Auch die Süße gibt dann nach, und damit bleibt außer einer milden Bittere nichts mehr, was beschreibenswert wäre. Der Abgang ist Getreide und Eisen, beides recht desinteressiert und wenig spannungsvoll vorgetragen, ein Nachhall kaum vorhanden, vielleicht etwas Bitterschokolade und trockene Kokosschale.

Das geht ziemlich schnell bergab, nachdem man im Geruch vielleicht noch etwas erwartet hatte. Geschmacklich finde ich den Glenrothes 10 ausgesprochen uninteressant, da passiert einfach nichts. Zum Purtrinken halte ich ihn in dieser Form ungeeignet, und er fristet sein Dasein als Mixspirituose in meiner Heimbar – dafür hat er seine Berechtigung.


Ist es ein geistreiches Wortspiel, das den Erfinder des Dantes in Fernet zum Titel seines Cocktails brachte, oder ein schlimmer Kalauer? Persönlich tendiere ich eher zum letzteren, will mich da aber nicht allzu reinsteigern. Wer gute Lektüre passend zum Drink sucht, kann sich gern mal das Meisterwerk des florentinischen Barden anschauen, ich empfehle die zweisprachige, recht frische Auflage bei Reclam mit einer tollen Neuübersetzung und viel Kommentar von Hartmut Köhler; mein Review dazu ist hier nachzulesen. Der Drink ist im Gegensatz zum bitter-schwierigen Text allerdings süßlich-leicht, und die restlichen Zutaten ergänzen die Fruchtigkeit des Glenrothes 10 wunderbar. So gleicht sich alles aus.

Dantes in Fernet Cocktail

Dantes in Fernet
1oz / 30ml Speyside Single Malt Whisky
1 Teelöffel Fernet-Branca
1oz / 30ml Orangensaft
⅓oz / 10ml Ahornsirup
1 Spritzer Xocolatl Mole Bitters
Auf Eis shaken.

[Rezept nach Mickaël Lenu]


Die Flasche hat was von einer Kanonenkugel, ist jedenfalls einprägsam, und mit dem cleveren Halbschraubverschluss schont man den Echtkorken vor plumpem Herausziehen, denn eine kurze Drehung ist zumindest erforderlich. Die Farbe Gelb dominiert neben dem Etikett auch den Kartonkäfig, in dem der Whisky geliefert wird – sie markiert das jüngste Mitglied der sogenannten Soleo Collection, in der es auch höhere Reifungsgrade gibt, mit entsprechend dunkleren Farben dann. Der Name der Kollektion spielt auf ein Verfahren bei der Sherry-Produktion an, man sieht, wie zentral heutzutage ein Fassfinish werden kann; für mich persönlich geht das hin und wieder schon zu weit, aber der Markt scheint es so zu wollen. Nun, zumindest wurde dieser Schotte hier dadurch einigermaßen gefällig – ein paar Tage der Effekte der südspanischen Sonne würden ja jedem gut tun, aber auch sie macht nicht aus einem blassen Fisch einen heißblütigen Zorro.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.