Indischer Punktesammler – Amrut Fusion Single Malt Whisky

Amrut Fusion Single Malt Whisky Titel

97 Punkte in Jim Murrays Whisky Bible, so donnernd wirbt ein indischer Whisky mit einem gelben Aufkleber auf der Flasche. Da bleibt einem als Spirituosenfreund ja nichts anderes übrig, als einen Blick auf den Amrut Fusion Single Malt Whisky zu werfen. Meine Erfahrungen mit indischen Spirituosen haben bisher eher mäßige Glücksgefühle hervorgerufen – indischer Brandy und indischer Rum sind oft genug einfach nur dasselbe Multikolonnen-Neutraldestillat, das mit Wunscharomen versetzt als Brandy oder Rum verkauft werden kann. Der eine oder andere „Whisky“ ist sicherlich auch diesem Baukastenprinzip entsprungen.

Nicht allerdings der Amrut Fusion – er ist tatsächlich eine klassische Produktion, an Scotch angelehnt. 25% getorfte schottische und 75% ungetorfte indische Gerste (hiermit erklärt sich auch der Name) werden getrennt verarbeitet, in Pot Stills destilliert und in Ex-Bourbon-Fässern in Bangalore gereift, bevor diese Einzelwhiskies dann zusammengeführt werden. Hier sei der Hinweis gestattet, dass dies natürlich trotzdem ein Single Malt ist – das Kriterium dafür ist die Herstellung in einer Destillerie, nicht, dass das Endergebnis aus einem Fass oder einem Destillationslauf entstammt. Es ist keine Altersangabe vorhanden, wir haben hier also eine NAS-Abfüllung vor uns, die wahrscheinlich eher jüngere Destillate enthält – was nicht unbedingt viel negatives aussagt, denn durch das indische Klima kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein Whisky in kürzerer Zeit reift, ein Effekt, der bei tropischer Reifung von Rum inzwischen sehr bekannt ist. Soviel zur Technik, mal schauen, ob der gelbe Aufkleber recht hat!

Amrut Fusion Single Malt Whisky

Bei den meisten Scotches ist die Farbe mit etwas Bedacht zu bewerten – es wird durchgehend gefärbt. Umso erfreulicher, dass die Inder hier einen anderen Weg einschlagen und keine Zuckerkulör zusetzen (und übrigens auch nicht kältefiltrieren). So hat man doppelt was von dem hübschen Safrangelb mit den goldenen Reflexen. Beine bilden sich eher zögerlich, laufen dann auch sehr langsam ab.

Im Geruch sind wir dann aber wieder sehr typisch beim großen Vorbild Schottland. Malz, hell und süßlich, stark fruchtig nach Rosinen und Mango, Vanille und Karamell. Ein Hauch, aber wirklich nur ein Hauch von Rauch. Unterschwellig ist da noch eine schöne Note von gebrannten Mandeln. Deutliches, etwas die Nase zwickendes Ethanol fliegt mit.

Amrut Fusion Single Malt Whisky Glas

Der Amrut Fusion ist sehr cremig und ölig im Mundgefühl. Auch im Geschmack sind die Fruchtnoten im Vordergrund, dazu Honig und eine leicht nussige Komponente. Süß und schmeichlerisch, fast schon ein bisschen likörartig. Man könnte das fast schon als etwas zu entgegenkommend bezeichnen – vor allem die enthaltenen 50,0% Alkohol kann man höchstens riechen, nie schmecken. Rauch ist zu finden, allerdings, wie schon in der Nase, nur in Anklängen.

Der Abgang des Amrut Fusion ist von respektabler Länge, mildwürzig, voller Eichenholzeindrücken, deutlich metallisch/eisenhaltig und sehr angenehm warm aus nun etwas unerwartet auftretender Ingwerschärfe. Dies schließt das Bild eines sehr runden, süßfruchtigen und wirklich gelungenen Whiskys ab, der sich kaum hinter seinen schottischen Kollegen zu verstecken braucht.

Durch die ähnliche Charakteristik ist der indische Single Malt in jedem Drink einsetzbar, der generisch nach Scotch Whisky verlangt. Tatsächlich macht die schöne Trinkstärke und das gerundete Bild einen Einsatz auch interessant und losgelöst von dem nordbritischen Vorbild spannend. Der Casualty jedenfalls ist mit dem Inder sicherlich nicht mehr ein Unglücksfall als mit Scotch. Also gar nicht.

Casualty


Casualty
1½ oz Whisky
¾ oz Amaro
¾ oz Dubonnet Rouge
2 Spritzer Xocolatl Mole Bitters
Auf Eis rühren.

[Rezept nach Amor y Amargo]


Die Flasche ist unauffällig, das braune Etikett nur wenig ansprechend – dafür gibt es ja dann die Blechdose, in der die Flasche zu einem nach Hause kommt. Man hat, so mein Eindruck, sehr viel mehr vom Inhalt als von der Optik, was niemand abschrecken sollte – auch wenn es dem einen oder anderen vielleicht schwerfällt, den Preis für ein schwer einschätzbares Produkt zu bezahlen. Die anfangs erwähnten 97 Punkte halte ich für maßlos übertrieben, das ist wohl eher eine Methode Murrays, auf neue Felder im weltweiten Whiskygeschäft hinzuweisen und ihnen etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, als eine ernsthafte Bewertung. Für Whiskyfreunde ist der Amrut Fusion Single Malt Whisky meiner Meinung nach aber trotz allem auf jeden Fall einen Blick wert.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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