Armagnac am Freitag – Grape of the Art Hontambère 1989 #A5 und Rare Armagnac Collection by Hontambère 1994

Grape of the Art Hontambère 1989 #A5 und Rare Armagnac Collection by Hontambère 1994 Titel

Der Sommer 1989 war schon etwas besonderes, gerade für uns Deutsche. Doch auch das Wetter spielte da in ganz Europa mit, und versorgte zum Beispiel in Südwestfrankreich die Weinberge mit langer Sonne ab März. Aus diesem Umfeld entsprang der Grape of the Art Hontambère 1989 #A5. Er stammt aus der Domaine Pouchegu in der Region Armagnac Ténarèze und wurde vollständig aus der Rebsorte Ugni Blanc gemacht. Fassstärke, hier 55.9%, gehört bei GotA inzwischen natürlich zur Erwartung, im Juli 2023 wurden nach 33 Jahren im feuchten Keller nur 250 Flaschen davon abgefüllt.

Grape of the Art Hontambère 1989 #A5

Etwas Schwung muss man aufwenden, um die kupferfarbene Flüssigkeit im Glas in Bewegung zu bringen, schnell legt sich das dank der hohen Viskosität auch wieder und lässt einen flächigen Film an der Glaswand zurück. Dabei bekommt man schon die ersten kleinen Schwaden des intensiven, kräftigen Traubengeruchs ab, mit Most aus roten Äpfeln, reifen Birnen, schon überreifen Pfirsichen und Mangos. Ein leichter Klebergeruch schwimmt darunter, ohne zu stechen, und eine milde Karottennote kommt dazu. Vanille und Zimt und etwas leicht getoastetes Holz zeigen die Reifung, drängen sich aber nicht nach vorne, sondern lassen der Ugni Blanc vollen Raum. Ein Anflug von Menthol ist da. Am Gaumen kommt der Hontambère 1989 dann aber direkt viel holzgetriebener voran, schon in der vom Antrunk spürbaren Trockenheit, die nur etwas von natürlicher Süße ausgeglichen wird. Die Textur ist gar nicht so ölig, wie man das vom Sehen meinen könnte, aber dennoch voll und füllend. Das prickelt ordentlich am Gaumen, während sich nun Trockenobst, frische Trauben und vanillige Holzaromen um die Vorherrschaft streiten. Gegen Ende wird der Armagnac so richtig mentholig-frisch, man ahnte es ja schon in der Nase, und nachdem er ein eiskaltes Gefühl im Mund erzeugt hat, lässt er im Nachhall noch eine wunderbar blumige Jasminnote aufblühen. Lange klingt das nach, mit einem angenehmen Mundgefühl verlässt der Armagnac uns erst spät. Insgesamt extrem unterhaltsam, muss ich sagen, gerade der Eisbergeffekt im Mund ist wirklich toll, da spart man sich das Lutschen eines Eukalyptusbonbons. Ich liebe solche Überraschungen.


Die Reise in die Klimavergangenheit ist aber hier noch nicht zuende. Wir halten noch kurz im Jahr 1994, zumindest in Deutschland ein absoluter Rekordsommer, an und schauen zu, wie der Hontambère Rare Armagnac Collection 1994 entsteht – in derselben Domaine und Region, aus denselben Trauben, mit nur leicht niedrigerer Fassstärke (54.0%). Die fünf Jahre Zeitsprung müssen wir natürlich abziehen, so konnte nach 27 Jahren im trockenen Lagerhaus im September 2022 noch 270 Flaschen gewonnen werden.

Hontambère Rare Armagnac Collection 1994

Bernstein, leuchtend und kräftig, mit ansehnlicher Viskosität, rein optisch punktet der Jüngere hier schonmal gut, mit seinen sich bildenden, dicken Tropfenkugeln, die man nach dem Drehen des Glases vorfindet. Eine extrem apfelige Nase setzt zu Beginn schonmal eine Marke, das geht fast in die Sensorik eines jungen Calvados über. Dazu kommen Zimt und Vanille, etwas Kardamom – ich fühle mich ganz stark an ein fruchtiges Dessert erinnert, irgendwo zwischen Bratapfel und einem Aprikosenkompott. Das klingt sehr hell und leicht, jung, sehr traubig und nur mild rosinig. Eine ähnlich jugendliche Weise strahlt der Hontambère 1994 auch am Gaumen aus, helle Struktur, frisch-freche Textur, durchaus kitzelig vom Antrunk an auf der Zunge, was sich im Lauf noch verstärkt. Pfeffrig und eukalyptisch, mit spannender Süßsauerbalance, die von einer erkennbar salzigen Note unterstützt wird. Gerade letzteres gibt dem Armagnac viel Energie und dehnt das Mundgefühl weit aus. Der Abgang ist herb, wie der ganze Brand mit richtig viel Apfel versehen, und durchaus lang, mit vielen Effekten, die am Gaumen und der Zunge verbleiben. Die beiden Brände stammen aus demselben Hause, sind aus demselben Basismaterial gebrannt worden, und nur 5 Jahre auseinander, und dennoch sind sie sensorisch wirklich drastisch unterschiedlich – und beide nochmal ganz anders als der Hontambère 1985, den ich vor einer Weile schon besprochen hatte. Wieder einmal ein faszinierendes Erlebnis, das die Vielseitigkeit von Armagnac zeigt!


Offenlegung: Ich danke Grape of the Art für die kosten- und bedingungslose Zusendung des Samples des Grape of the Art Hontambère 1985 #A5. Das Sample des Hontambère Rare Armagnac Collection 1994 habe ich bei einer davon unabhängigen Bestellung bei Armagnac.de als kostenloses Geschenk erhalten.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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