Bier am Freitag – St. Feuillien Saison

St. Feuillien Saison Titel

Vor einer ganzen Weile hatte ich mich etwas über die Kategorie des modernen Saison-Stils mokiert – bei einem Bier mit 5,3% Alkoholgehalt, für mich war ein Saison-Bier eigentlich immer etwas mit niedrigem Alkoholgehalt. Nun haben wir hier ein Saison mit 6,5%, und ich fühle mich ein bisschen dämlich, dass ich das dem Hoppy Hell von Maisel & Friends damals angekreidet hatte, denn parallel habe ich mich noch über die offiziellen aktuellen Stilguidelines dieser Bierart informiert und entdeckt, dass der niedrige Alkoholgehalt vor 100 Jahren stilbildend war, aber schon nach dem Zweiten Weltkrieg schnell in die Höhe ging. Tja, da sieht man mal wieder, man lernt immer dazu und sollte sich immer hinterfragen, ob das eigene gedachte Wissen sich nicht als jammervolles Halbwissen entpuppt. Das St. Feuillien Saison wird jedenfalls dazu noch als Farmhouse Ale auf englisch klassifiziert, ist ungefiltert, „trocken“ gehopft und flaschengereift.

St. Feuillien Saison

Ich bitte um Vorsicht beim Eingießen, die Flaschengärung sorgt für ordentlich Schaum, der groß- und grobblasig ist, und sich doch etwas hält – es braucht eine ganze Weile, bis man das Bier vollständig im Glas hat. Farblich entsteht dann danach leuchtender Bernstein mit starker Trübung.

Die Nase ist zunächst vom Hopfen dominiert, leichte Zitrusnoten, etwas milder Essig. Eine gewisse Malzschwere schimmert durch; vergleicht man das mit den erwarteten Eigenschaften in den Guidelines, die ich oben angesprochen hatte, passt das eigentlich gut. Die Trockenhopfung sorgt dabei vielleicht sogar für eine noch etwas ausgeprägtere Hopfigkeit. Frisch und leicht im Mund, hier lässt sich vielleicht der Stil dann am besten erkennen – helltönig, leicht zitronig, aromatisch ingesamt zurückhaltend. Mildsüß zu Beginn, etwas blumig, im Verlauf würzig und leicht salzig werdend. Sehr süffig und rezent. Im Abgang kommt eine leichte Bittere dazu, der Abgang ist kurz und feinherb.

Man muss kein Feldarbeiter im Spätsommer sein, der während der staubig-anstrengenden Arbeit dringend Erfrischung braucht. Es ist auch für den Prokrastinierer geeignet, der zu der Zeit lieber daneben in der Sonne im Liegestuhl sitzt und genießt, andere beim Arbeiten zu beobachten und dabei von der herrlichen alten Zeit, in der alles besser war, schwärmt.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.