Der kleine Bruder – Kuanglang Hauhan Chinese Baijiu (狂浪酱香白酒)

Hauhan Chinese Baijiu Titel

Über Klarheit auf Etiketten muss man mit den Chinesen nochmal reden. Einerseits haben die Etiketten auf sehr vielen Baijius völlig transparente Herstellungsdetails, wie welche Basismaterialien verwendet wurden, welches Qu, Ortsangaben bis hin auf Dorfebene und sogar Blendbestandteile; davon könnte sich ein Großteil der Restweltspirituosen eine dicke Scheibe abschneiden. Andererseits muss man manchmal lange recherchieren, um trivialste Dinge herauszufinden, zum Beispiel wie der Baijiu überhaupt heißt, und was der Unterschied zwischen Importeursnamen und Herstellernamen ist. Viele Baijius gönnen sich den Luxus, sehr exotische Zeichen in ihren Namen zu verwenden, soweit, dass selbst Muttersprachler manchmal ein bisschen Zeit brauchen, sie zu entschlüsseln; dazu sind auf den wenigsten Flaschen zusätzlich latinisierte Versionen vorhanden, von englischsprachigen Übersetzungen gar nicht zu reden. Und wenn, dann sind sie manchmal widersprüchlich, wie beim Kuanglang Hauhan Chinese Baijiu (狂浪酱香白酒). Dort findet sich nämlich der Importeursname latinisiert und mit englischer Übersetzung der Kategorie („Hauhan Chinese Baijiu“), während der Markenname, „Kuanglang“, nur in chinesischen Schriftzeichen, dazu noch kalligraphisch verschnörkelt, zu erkennen ist.

Nun, dafür bin ich ja da, und nehme meinen Leser*innen die Mühe etwas ab. Wer sich schon den Aufwand zumutet, einen 酱香 (Sauce)-Aroma-Baijiu ins Haus zu holen oder sich für dessen Aromatik zu interessieren, hat es wohl verdient, wenigstens die Basisinformationen über dieses weiterhin sehr fremdartige Destillat aus China etwas mundgerechter serviert zu bekommen. Für den hier vorgestellten Baijiu ist das auch gar nicht kompliziert: Das „Kunsha“-Destillat, also der höchste Qualitätsstandard für Sorghum-Destillate, wird in Tonkrügen gereift, und dann mit einem Anteil von 2% eines 20 Jahre alten Brands „aromatisiert“. Damit haben wir hier sozusagen den kleineren Bruder des Kuanglang Shangjiang, den ich vor ein paar Wochen hier besprochen hatte – er wird ebenso in Yunlongjie bei Luzhou in Sichuan, also Südwestchina, hergestellt. Ich bin sehr gespannt auf die Verkostung, um insbesondere auch den Unterschied zwischen diesen beiden Blends erfahren zu können.

Hauhan Chinese Baijiu

Es passiert durchaus, dass Baijiu durch Reifungsdauer eine leichte Tönung annimmt, hier haben wir den Beweis dafür. Es ist nur ein minimalster Crèmeton, weniger als manch ein Weißwein, man muss fast darauf achten. Der Baijiu schwenkt sich, während man darüber nachdenkt, sehr lebendig im Glas, mit wenig Öligkeit zunächst, diese zeigt sich erst in den Artefakten an der Glaswand, die langsam ablaufen.

Während man schwenkt, kann man auch schon die ersten Duftnoten abgreifen, die sich über den Glasrand hinaus schnell verbreiten, ohne einen aggressiv anzuspringen. Erstmal wirkt das schokoladig, schwersüß, dann aber auch mit einer leichten Essigkomponente, alter Balsamico eher als Apfelessig. Die Hirse spricht zu mir, mehr als in vielen anderen Baijius dieser Machart. Ein bisschen erdig, mit Erinnerungen an frisch gepflückte Pilze, und eine leicht grasige Mineralität erzeugen durchaus eine Menge an Komplexität – hier muss man eine ganze Weile schnuppern, um die wabernden Eindrücke einordnen zu können. Natürlich ist da auch der würzige Geruch von Sojasauce und Liebstöckel klar präsent, das ist stiltypisch und -bildend. Es macht Spaß, damit etwas zu verweilen.

Hauhan Chinese Baijiu Glas

Der Antrunk wirkt erstmal etwas säuerlich, ist dann schnell auch astringierend und trocken. Ein bisschen Lack schwingt hier mit, aber auch einiges an Getreide, ein Touch Roggen, etwas Hirse. Hier wird man nicht überfordert mit einem Sammelsurium an umami-Komponenten oder wilder Sojasauce, eine leichte Salzigkeit und ein Hauch von Lakritz ist alles, mit dem man zurecht kommen muss. Ansonsten zeigt sich dieser Baijiu sehr freundlich und rund, mit den kaum spürbaren 53% Alkoholgehalt, die herrlich eingebettet sind, und klarer, sehr verstehbarer Struktur. Der Abgang ist mittellang, sehr sauber, hier kommt wieder einmal, ich betone es gern öfters, der wahre Charme eines Baijiu zum Vorschein: erdig, würzig, schokoladig und trotzdem minzig frisch, ohne in die After-Eight-Falle zu tappen. Ein mineralischer Nachklang von feuchtem Beton hängt eine Weile mit dabei. Nicht aufdrängend, nicht aggressiv, und nach dem frechen Antrunk dann sehr weich und elegant am Gaumen bleibend.

Viele der Baijius, die ich bisher vorgestellt hatte, und die die Leser hier vielleicht kennen, wirken exotisch bis hin zum Fremdartigen, sind erklärungsbedürftig und nur mit Mühe verstehbar. Der Hauhan Chinese Baijiu dagegen ist diesbezüglich sehr unkompliziert: das versteht man auch im Westen ohne Mühe, und diese Zugänglichkeit schätze ich an ihm sehr, auch wenn er natürlich erkennbar weniger komplex ist als der oben schon erwähnte Shangjiang desselben Herstellers.


Da muss man dann auch nicht wirklich dramatisch anpassen, wenn man ihn in einem Cocktail verwenden will – hier kann man ruhig etwas entspannter rangehen. Es muss ja auch nicht immer superexotisch sein, wenn man Baijiu in Drinks einsetzen will, ein einfacher Mix geht manchmal besonders gut, wie hier beim Tropical Baijiu. Zusammen mit dem Ananassaft wird die Schokoladigkeit ganz besonders betont, da meint man fast, einen Schokolikör im Rezept zu haben.

Tropical Baijiu Cocktail

Tropical Baijiu
1½oz / 45ml Sauce- oder Starkaroma-Baijiu
2oz / 60ml Ananassaft
¼oz / 7ml Zuckersirup
Auf Eis shaken. Auf frisches Eis abseihen.

[Rezept nach lovetoknow.com]


Die Flasche ist archetypisch für Soßenaroma-Baijius, und ich mag sie einfach – die liegt gut in der Hand, hat viel Platz für Etiketten, und ist nicht übermäßig overdesigned, auch der Karton bleibt im Vergleich zu vielen anderen Baijius zurückhaltend, aber effektiv. Das rote Bändchen ist ein nettes Element, der Nachfüllstopp im Flaschenhals ist für Baijius Standard und dient dem Schutz vor Produktpiraterie.

Man sieht, der Inverkehrbringer Hauhan hat sich hier ein Set aus Baijius zusammengestellt, das sowohl alleinstehend auch im Zusammenspiel mit dem Kuanglang Shangjiang gut funktioniert. Ich gehe davon aus, dass der hier vorgestellte Hauhan doch kostengünstiger zu haben sein wird als der Shangjiang, einfach weil er kürzere Reifungsdauern für den Blend gewählt hat, das ist eigentlich wie bei Whisky – ein 10-jähriger Scotch ist günstiger als ein 20-jähriger, aber hier wie da sagt das Alter grundsätzlich erstmal nichts über die Qualität aus. Beide kann ich dem interessierten Baijiu-Freund als sehr stabile Basisprodukte empfehlen, wenn sie mal in Deutschland dann auf dem Markt sind.

Offenlegung: Ich danke der Hauhan International Trading Co.,Ltd. für die kosten- und bedingungslose Bereitstellung dieses Baijius.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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