Rum ist ein Getränk für Piraten, wir kümmern uns nicht um die Herstellung, es muss einfach nur schmecken. Es muss Spaß machen. Es ist ein lockeres Getränk für lockere Leute, die sich nicht für die verknöcherten Regeln von Whisky interessieren. Es wird Zeit, dass all die Süßungskritiker endlich kapieren, dass sie uns den Spaß am Rum rauben! Bringt den Spaß zurück!
So und ähnlich hört es sich ab und zu an, was einem entgegenschallt, wenn man als Botschafter für sauberen, ehrlichen Rum unterwegs ist. Desinteresse für die Herstellung, oft etwas arme Ironie und Ad-Hominem-Angriffe sind die Hauptwaffen der Verteidiger der manipulierten Rums – und eben die oben zitierten Spaßbremsen-Vorwürfe. Dieses Argument, wir Verteidiger des Rums würden das ganze zu ernst nehmen, kontere ich mit einem leicht abgewandelten Zitat von Stephen King, das er in seinem Buch On Writing: A Memoir of the Craft für die parat hat, die meinen, eine Sache nur halbherzig und ohne Engagement machen zu können und trotzdem erfolgreich zu sein. Er bezieht sich aufs Schreiben von Romanen; ich ändere das nur in wenigen Wort ab.
But it’s RUM, damn it, not washing the car or putting on eyeliner. If you can take it seriously, we can do business. If you can’t or won’t, it’s time for you to close the bottle and do something else. Wash the car, maybe.
Irgendwie entgeht mir der Sinn der Argumentation, man könne Rum nur genießen, wenn man ihn nicht ernst nimmt. Eine der vielen Sonderregelungen, die es scheinbar für Rum gibt, die sich andere Spirituosengattungen nicht erlauben. Aber letztlich beziehe ich mich in meiner Ernsthaftigkeit auch halt nicht auf dieselben Produkte wie die Zuckerfreunde – sondern auf Dinge wie den Caroni 100% Trinidad Rum 15 Years. Und der verdient es auf jeden Fall, ernst genommen zu werden und nicht nur als Spaßdroge für Happy Shiny People, die gern im Piratenslang reden, betrachtet zu werden.
Da man durch das dunkle Braunglas der Flasche die Farbe des Rums nicht erkennen kann (lobenswert! Hersteller sollten alle undurchsichtige Flaschen verwenden und sich dann entsprechend auch das dadurch unnötig gewordene Färben der Spirituose sparen, so wie der Abfüller Velier das hier wunderbar vormacht), muss man sich schon ein Gläschen eingießen, um sie beurteilen zu können – Kupfer, mit fast weißen Reflexen. Ungefärbt, um das nochmals zu betonen. Von der Konsistenz her fast schon etwas viskos.
Auch der Geruch kann sich riechen lassen – sehr buttrig-süß, weich und voller Rumester. Einen halben Meter vom Glas entfernt riecht man ihn schon. Banane, Ananas, Minze. Muskatnuss. Plastikkleber.
Wer Rum dann doch nur zum Spaß trinkt, wird vom Antrunk dieses Rums begeistert sein. Superweich und zart im Mund. Süß, Kandiszucker, Shortbread, weiße Schokolade. Ein leichtes, angenehmes Kribbeln, das diesem „Extra Strong“-Rum mit 104 Proof (entsprechend 52% Alkoholgehalt) natürlich zusteht. Dann kommt aber doch der Charakter dieser leider seit einiger Zeit geschlossenen Destille zum Vorschein: Ingwer. Piment. Ein Anflug von Diesel und Teer. Hier steigen die Spaßtrinker meist aus.
Warm im Abgang, auch hier süß und mild. Eine kurze Ingwerflamme entsteht langsam, und verklingt dann aber auch schon, bevor sie den Rachen erreicht; insgesamt ist der Abgang eher kurz. Einige der Ester bleiben am Gaumen, und ein kühlendes Gefühl beim Abklingen der Hitze. Fazit? Ein ganz hervorragender Rum. Supersüß, aber ohne jede Form der Pappigkeit, den viele gesüßte Rums aufweisen.
Dieselbe der Qualität angemessene Ernsthaftigkeit, die ich diesem Rum als Purgetränk entgegenbringe, ist natürlich auch dann angebracht, wenn ich ihn mir in einem Cocktail zu Gemüte führe. Nicht jeder Feld-, Wald- und Wiesencocktail bekommt den Caroni, doch so etwas wie der Foreign Legion ist ein Paradebeispiel dafür, dass man mit hochwertigen Zutaten ein herrlich tiefes, komplexes und, ja, unterhaltsames Gesamtbild erzeugen kann. Wer meint, ab einer bestimmten Kategorie sei Rum nicht mehr als Mixer erlaubt, sollte dies überdenken.
Foreign Legion
1½ oz Rum (z.B. Caroni 100% Trinidad Rum 15 Years)
½ oz Aperol
½ oz Dubonnet Rouge
½ oz Fino Sherry (z.B. Sandeman Fino)
1 Teelöffel Crème de Cacao (z.B. Giffard Crème de Cacao Blanc)
1 Spritzer The Bitter Truth Lemon Bitters
Auf Eis rühren.
[Rezept leicht adaptiert nach Greg Sanderson, PDT]
Die Flasche wirkt wuchtig im Regal – die breiten Schultern und der verdickte Hals machen sie fast schon zu einem NFL-Rum. Das hübsch designte Etikett hat dagegen schon fast etwas besinnliches mit nostalgischem Seemanns-Flair.
Wäre da nicht der Preis und die Seltenheit, dann gäbe es keine Existenzberechtigung mehr für die unheilige Dreifaltigkeit des manipulierten Rums, Botucal, Plantation XO und Don Papa. Doch letztere sind letztlich auch nicht billig, sondern bewegen sich schon im Preisrahmen der Hälfte dieses Rums; daher sollte sich jeder Rumfreund fragen – lieber zwei Flaschen manipulierten Pseudorum, oder eine eines hervorragenden, seltenen und in allen Belangen überlegenen Rums? Mir persönlich fällt es nicht schwer, eine Wahl zu treffen. Ich will Rum trinken – Auto waschen sollen andere.
Ein Kommentar zu “Auto waschen oder Rum trinken? Velier Caroni 100% Trinidad Rum 15 Years”