Im Zuge des modernen Gincrazes, in dem jede Woche neue Ginmarken auf die Verbraucher losgelassen werden – kein Wunder, ein Gin ist leicht und billig herzustellen, braucht nicht zu lagern und verspricht daher schnelle und gigantische Gewinnspannen – erlebt auch der Gin Tonic, oder neudeutsch Gin and Tonic, ein unerhörtes Revival. Für hippe Ginfreunde ist das Tonic Water die einzig erlaubte Kombination von Gin mit einer anderen Flüssigkeit, alles andere ist scheinbar Banausentum.
Wenn man teilweise absurde Preise von 40€ und mehr für eine Flasche Gin auf den Tisch legt, will man dann aber auch nur das Beste vom Besten als Filler in seinem Drink haben – das kann ich dann wiederum gut nachvollziehen und finde es auch richtig. Ebenso, wie die Ginmarken zahlenmäßig explodieren, wächst daher auch der Tonic-Markt entsprechend. Und eine traditionsreiche Marke wie Schweppes kann da nicht tatenlos zusehen, insbesondere, weil ihr Standardprodukt, das Indian Tonic, bei den Ginistas keinen besonders guten Ruf genießt. Das Dry Tonic Water ist eine neue Marke, die seit kurzem ausgerollt wird: ein Versuch, das gegenüber den kleineren Tonic-Herstellern verlorene Terrain wieder gut zu machen.
Ein frisches, kühles Silber ist die Basisfarbe des neuen Tonics, in seltsam geformten Flaschen wird es verkauft. Doch man kann es drehen und wenden, wie man will, neue Etiketten und minimal andere Rezepturen entwickeln: Es ist und bleibt pappsüß. Das Dry Tonic Water hat einen recht trockenen Nachgeschmack, das gebe ich gern zu, doch im Mund pappt und klebt es erstmal, dass man glauben könnte, man hätte eine 7up oder eine Sprite im Mund.
Auch wenn es knapper Gewinner im Tonic-Water-Test der Mixology war: Das ist mir einfach zu süß, und ich kann mir die dortige Bewertung, ehrlich gesagt, nicht so recht erklären (wie das bei vielen Bestenlisten aller möglichen Produkte in der Mixology und sonstwo oft so ist). Aber Geschmäcker sind halt verschieden.
Ich jedenfalls bin froh, dass mein Barkeeper Dennis mich davor bewahrt hat, das neue, selbst in die Bar mitgebrachte Dry Tonic Water direkt auf den bestellten Leopold’s Small Batch Gin zu kippen – das wäre eine Verschwendung gewesen. Ein so feiner, wunderbarer Gin wäre durch den zuckrigen Overkill des Dry Tonic Water glatt desintegriert worden.
Im Einzelhandel sind die Flaschen noch nicht überall angekommen, man ist auf den Fachhandel angewiesen. Letztlich ist mir das aber egal – ich greife lieber zum Fentimans, Fever Tree oder zum Thomas Henry. Meiner persönlichen Meinung nach alles Tonics, die dem Dry Tonic Water mit deutlichem Abstand überlegen sind. Wenn man auf starksüße Tonics steht, die vielleicht dann doch einen Tick trockener als das altbekannte Süßmonster Indian Tonic daherkommen, kann man gern einen Blick auf das neue silbergraue Produkt von Schweppes werfen.
Diese Meinung bezieht sich zunächst mal fast ausschließlich auf die Verwendung dieses Tonics in einem Gin Tonic. Die süße Komponente des Dry Tonic Water kann aber in einem Cocktail eine schöne Dichte erzeugen. Ein Versuch ist beispielsweise der Game Room Highball.
Game Room Highball
1 oz Amaro
½ oz Overproof Rum
¼ oz Limettensaft
4 oz Schweppes Dry Tonic Water
Im Glas bauen und mit Crushed Ice auffüllen
[Rezept nach Paul McGee]
Tatsächlich kann das Dry Tonic Water hier punkten, kontert mit seiner leichten Süße die Bitterkeit der restlichen Zutaten, und setzt dann mit seiner Trockenheit ein Ausrufezeichen. Letztlich hängt es also, wie immer, vom Einsatzgebiet ab, ob eine Zutat passt oder nicht. Wer also das beste aus seinen Cocktails herausholen will, hat immer mindestens zwei Sorten Tonic Water im Haus. Eins davon darf dann durchaus das Schweppes Dry Tonic Water sein.