Der Drachenbrunnen-Tee, chinesisch 龙井 [longjing], ist wahrscheinlich einer der berühmtesten Grüntees der Welt. Tea Pavilion bevorzugt leider bei ihrem Etikett die veraltete Wade-Giles-Transkription (bei ihren anderen Tees halten sie sich dann aber an Pinyin) und schreibt daher „Lung Ching“ auf den silbernen Aromabeutel.
Die Tees von Tea Pavilion aus Berlin sind von hervorragender Qualität. Ganze Blätter, teilweise leider etwas abgebrochen, fast ohne Ausschuss wie Stengel oder Krümel, mit einer sehr schönen, kräftigen, aber immer noch grünen Farbe. Den Longjing von Tea Pavilion kann man guten Gewissens 2-3 mal aufbrühen.
Einen edlen Tee wie den Longjing muss man vorsichtig behandeln. Ich bereite den Tee in einer kleinen Yixing-Keramik-Teekanne tassenweise zu, nach den Empfehlungen auf dem Aromabeutel, mit 80° Wassertemperatur. Nur relativ kurz ziehen lassen, 2-3 Minuten, sonst wird er schnell extrem bitter, wie das bei allen Grüntees der Fall ist.
Bereitet man ihn korrekt zu, ist der Longjing ein wunderbar erfrischender, grasig-holziger, nussiger, angenehm bitterer Tee mit leichtem Stroharoma und einem fantastischen Volumen im Mund. Wie bei allen Qualitätstees aus China, die nicht im Beutel kommen, muss man auch hier nicht nachsüßen: Diese Tees bringen von sich aus genug Aromen und Süße mit sich. Der Longjing-Tee ist etwas für den ganzen Tag, als Kaffeeersatz in seiner Würze gut geeignet, weniger für den Morgen oder Abend, da will ich lieber was cremigeres.
Natürlich hat diese Qualität ihren Preis. Doch man sollte sich klarmachen: Alles, was man im Beutel kauft, aber auch der meiste Losetee in der Riesendose aus dem Teehandel, ist mindere Qualität, oft der Ausschuss, der nach dem Aussortieren der höheren Handelsklassen übrigbleibt. Für halbwegs guten chinesischen Grüntee muss man im absoluten Minimum 10€/100g rechnen – da ist man mit knapp 15€/100g bei Tea Pavilion nur wenig drüber.
Dachte immer Grüntee muss den ganzen Tag in der Tasse bleiben. Und wenn er bitter wird, war zu viel Tee drin. Weshalb die teuersten Sorten für den Teetrinker letztlich am billigsten sind, weil man da echt nur n Krümel braucht. Chinesisches Paradoxon, nicht zu verwechseln mit dem billigster Reis-Paradoxon: Der bleibt genau so beschissen wie er ist, weshalb es zum guten Ton gehört, bei Einladungen und in guten Restaurants den Reis nur als Deko wahrzunehmen und keinesfalls zu essen…
Reis ist schon so eine Sättigungsbeilage, auf die man gern verzichtet.
Beim Grüntee gibt es die Legende dieser uralten Yixing-Teekanne, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde, und die soviel vom Teearoma in sich aufgesogen hat, dass man nur noch heißes Wasser dazugeben muss, um Tee aus ihr zu bekommen.
Ich hatte an anderer Stelle geschrieben, dass ich gern ein Whiskey-Glas mit solchen Eigenschaften hätte…