Ein paar mal haben wir in der Vergangenheit schon über Fermentation gesprochen, und als ich vor ein paar Tagen in Mexiko unterwegs war, war das natürlich auch immer ein Thema. 48 Stunden, manchmal 72 Stunden, das war für viele Tequilas schon eine lange Zeit. Die Rumkenner unter uns halten das natürlich für nicht besonders lange, wir sind da ganz andere Zeiten gewohnt – zum Beispiel 8 bis 14 Tage, die man für einen Zuckerrohrsaftrum wie den Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum XO bei der Oxenham Craft Distillery auf Mauritius im Indischen Ozean aufwendet. Es handelt sich dabei um eine kalte Fermentation bei 18° – 20°, dies ist nicht trivial zu machen, da bei der Gärung ganz selbstverständlich schnell Wärme entsteht, die man unter Kontrolle halten muss.
Die restlichen Daten sind in üppigem Ausmaß ohne große Recherchearbeit verfügbar, etwas, was ich immer sehr schätze an hochprozentigen Produkten. Das verwendete Basismaterial ist der Saft aus einer Mischung aus rotem und gelbem Hybridzuckerrohr, nach der oben beschriebenen Langfermentation wird in Kupferbrennapparaten batch-distilliert, und schließlich kommt das Destillat für mindestens 6 Jahre in Eichenfässer, die vorher mit Süßwein, Bourbon und Cognac vorbelegt waren, sowie auch neue Fässer. Batch #001 wird dann auf 43% Alkoholgehalt eingestellt, nicht kaltfiltriert, und kommt so in die Flasche, die den langen Weg von Mauritius ins Saarland angetreten hat und bei mir kaum ankam, als der Korken schon gezogen wurde.
Heller, klarer Bernstein entstand aus der Mischfassreifung, schöne orangefarbene und goldgelbe Lichtreflexe zeigen sich beim Drehen des Glases im Gegenlicht. Dabei erahnt man auch eine gewisse Viskosität, ohne dass der Brand dabei wirklich ölig oder schwer wirkt, der Oaks & Âmes XO zeigt sich lebendig und hinterlässt trotzdem Beinchen am Glas, die zügig ablaufen.
Ein sehr angenehmer Duft ist wahrnehmbar, wenn man die Nase ins Glas hält. Er wirkt herb und holzig, hat sofort Anklänge von Zedernholz, hellem Tabak und Haselnussschalen. Die Zuckerrohrsaftbasis unterstützt das mit ihrer pflanzlichen, aber nur noch im Ansatz grünen Seite. Deutliche Trockenfrucht kommt vielleicht aus den Süßwein- und Cognacvorbelegungen der Fässer, und auch eine gewisse, ganz dezente Nussigkeit, die mich an Sherry erinnert, ohne sich aufzudrängen. Süßliche Kakaonoten erzeugen noch eine höhere Dichte, grüne Banane und etwas Vanille ergänzen diesen Aspekt unterschwellig.
Im Antrunk wirkt der Oaks & Âmes XO dann doch sehr viel öliger, als man das vom Anblick hätte erwarten können, er legt sich voll, breit und tief an den Gaumen, initial mit deutlicher, aber natürlicher Süße, später mit pikanter Würze. Karamell, Nougat, Honig und Ahornsirup erscheinen, lassen die holzigen Aromen, die man zunächst erschnuppert hatte, fast vergessen. Sie blitzen im Nachgang im Rachen auf, wenn der Rum trocken und herb wird, und sich deutlich im Eindruck dreht, ohne die Voreindrücke jeweils aufzugeben. Der Nachhall ist dann wieder vom fruchtig vorbelegten Holz bestimmt, balsamisch und hauchig, mit Ideen von Eukalyptus und sogar leicht mentholisch, Ansätzen von schwerer, weißer, exotischer Blütigkeit, und ganz spät dreht sogar der Zuckerrohrsaft nochmal eine Ehrenrunde, und komplettiert damit ein sehr unterhaltsames, abwechslungsreiches und dennoch im Gesamtbild sehr rundes Erlebnis.
Man merkt schon, da hat man viel zu explorieren bei diesem Rum, und das ist eine Qualität, die ich sehr schätze. Ich nehme auch mit, dass im Oaks & Âmes XO kein gemütlicher Schlürfrum seine Rente präsentiert, nein, das ist aktiv, lebendig, frisch und eher etwas für einen warmen Abend auf der Terrasse mit Freunden und einer Zigarre als für den einsamen Absacker vor dem Kamin im Winter; da versteckt er seine Herkunft aus dem Indischen Ozean nicht.
Die Kombination mit Sherry und einem Schuss Kräuterlikör, die das ausgewählte Cocktailrezept vorschlägt, bringt die Fruchtigkeit noch etwas mehr heraus, und in einem Cocktail wie dem Franz I. kann sich der Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum XO natürlich in voller Pracht zeigen. Ein sehr süffiger Drink, als Digestif macht der wirklich was her, vielleicht nach einem würzigen, exotischen Essen, wenn man den Mundapparat in eine frischere, aber weiterhin anhaltend aromatische Richtung drehen will.
Franz I.
2oz / 60ml gereifter Rhum agricole
½oz / 15ml Sherry Amontillado
1 Teelöffel Chartreuse jaune
Auf Eis rühren.
[Rezept nach Armin Zimmermann]
Das Etikett hat Stil, weiße Schrift auf grünem Untergrund mit goldenen Details, und der Karton als Geschenkverpackung macht was her. Der einzige kleine Kritikpunkt, der mir einfällt, ist die Flaschenform – mit rund oben und oval unten werde ich nicht so recht warm, das sieht irgendwie verdreht aus. Doch wenn solche Oberflächlichkeiten schon die negativen Punkte ausmachen, weiß man, dass man mit diesem Rum sich was wirklich Ordentliches ins Haus holt.
Ein Alleskönner, mit dem jeder Rumfreund zufrieden sein wird, sei es ein Geschenk für einen Anfänger, oder der Kauf für die eigene Hausbar des bereits Fortgeschrittenen, der die Welt des Rums außerhalb der absolut ausgetretenen Pfade verfolgen will. Mauritius hat soviel Potenzial, das es weiterhin zu heben gilt!
Offenlegung: Ich danke FFL Rum Brands für die kosten- und bedingungslose Zusendung dieser Flasche.


