Der Geschmack Brasiliens – A Taste of Brazil 6 Cachaças with Different Wood Maturations Sample Set

Sabor! 6 Cachaças with Different Wood Maturations Sample Set Titel

Amerikanische Weißeiche. Französische Limousineiche. Mit diesen zwei Holzarten greifen wir schon einen Großteil dessen ab, was global für Fässer genutzt wird, in denen Spirituosen reifen sollen. Brasilien hat mit seinen (noch) großen Waldflächen eine ganz andere Tradition – man setzt auf native, tropische Hölzer, wenn es darum geht, den nationalen Brand Cachaça, hergestellt aus frischem Zuckerrohrsaft, einzulagern. Zwei Begriffe sind dafür relevant: „Envelhecida“ und „armazenada“. Envelhecida steht für eine recht komplizierte Beschreibung – mindestens 50% eines Blends müssen dafür für mindestens 12 Monate in Fässern, die weniger als 700 Liter Fassungsvermögen haben, gereift werden. Erreicht man diese Werte nicht, kann man die Cachaça, sobald sie wenigstens etwas Holzkontakt hatte, als armazenada deklarieren; die meisten Cachaças, die diese Bezeichnung aufweisen, werden unterjährig in großen, oft 1000 Liter fassenden Fässern kurzgelagert. Das ist die Theorie, und mit dem Tastingset A Taste of Brazil 6 Cachaças with Different Wood Maturations Sample Set kann man das direkt in die Praxis umsetzen.

Sabor! 6 Cachaças with Different Wood Maturations Sample Set

In dem Set haben wir unterschiedliche Reifungsformen und -stufen, die zeigen, wie viel Variabilität in einer einzelnen Spirituosenkategorie stecken kann, was das angeht; Cachaça geht da viele Ebenen über das hinaus, was andere so zu bieten haben. Aber nun ran an die Gläser!


Sapucaia Florida Cristal

Sapucaia Florida Cristal. Kristall, der Name passt, man ahnt mehr eine leichte Färbung als dass man sie wirklich sieht. Lebendig und dynamisch im Glas. Das Holz beherrscht natürlich die Nase vollständig, hier hat man frische Kräuternoten, vegetabile Anteile, aber auch würzige Untertöne, die Volumen erzeugen. Sehr hauchig, mit viel balsamischem Anteil und einem Tick Menthol. Würzig ist die Cachaça auch am Gaumen, leicht salzig, sehr expansiv und mit guter Breite und Tiefe. Der Haucheffekt nimmt schnell Fahrt auf und verdrängt die initiale Süße, klar mentholig, frisch, aber eher Anis als Minze, dabei immer beständig körpervoll und rund. Sehr lang aromatisch, kalt die Zunge anästhesierend. Charaktervoll, sehr eigen, dabei aber mit extrem viel Trink- und Mixpotenzial.

Reifung: 1 Jahr Amendoím, eine Art der Erdnuss, die aber nicht für die Produktion von Erdnüssen genutzt wird; unbedrohte Spezies. 40,5% Alkoholgehalt. Destilliert in der Sapucaia Distillery in Pirassununga (São Paulo).


Magnífica de Faria Tradicional

Magnífica de Faria Tradicional. Auch hier könnte man die Spirituose für eine ungereifte halten, da ist nur ein Hauch Tönung. Deutlich sieht man dafür die Viskosität. Die Nase ist hochtypisch für Cachaça, diese Mischung aus Zuckerrohrsaft, Aquariumkies und Gewürzbasis ist wirklich einmalig. Die mineralische Seite ist hier deutlich betont, darunter findet man aber sehr klar Zimt und ätherisches Zitrusöl, weniger frisch, mehr würzig, wie Zitrone ja auch sein kann. Sehr mild und voll ist der Antrunk, erst im späten Verlauf finden wir ein bisschen kaltes, minziges Kribbeln auf der Zungenspitze. Schön dicht ist die Aromatik, wirklich ausgesprochen mineralisch, lang anhaltend und mit schöner Textur bis zum Schluss, wenn Wärme den Rachen nachverfolgbar hinuntergleitet. Hochtypisch, wie gesagt, und vielleicht darum auch ein idealer Heimbarkandidat.

Reifung: 2 Jahre in Ipê; bald bedrohte Spezies. 40% Alkoholgehalt. Destilliert in der Fazenda do Anil (Rio de Janeiro).


Saliníssima Ouro

Saliníssima Ouro. Ouro bedeutet „goldfarben“, und auch wenn es ein leicht blasses Gold ist, stimmt diese Klassifzierung. Schön schwer bewegt es sich dazu. Bálsamo ist eines meiner Lieblingshölzer für Cachaça, einfach weil es so schweraromatisch duftet, mit einem leicht süßlichen Touch, etwas Vanille und Guave lockert die kiesige Mineralität auf. Ein bisschen mehr Volumen könnte die Nase aber vertragen. Im Mund erledigt sich das, hier geht die Cachaça wunderbar auf, belegt den gesamten Mundraum mit ganz sanft prickelnder Würze, die die Basis für die herrliche Aromatik des Bálsamoholzes schafft. Süßlich und schwer sowohl von Sensorik als auch Textur her, da hat man was im Mund, rund und dicht, mit angenehmem Tropenfruchtaspekt, und einem tollen, warmen und gleichzeitig mentholischen Nachhall, der minimalst Salz zeigt. Was zum Purgenuss, finde ich.

Reifung: Blend aus verschieden lang in Bálsamo gereiften Bränden („armazenada“); unbedrohte Spezies. 42% Alkoholgehalt. Destilliert in der Fazenda Matrona in Salinas (Minas Gerais).


Weber Haus Cachaça Envelhecida em Canela Sassafrás Sample

Weber Haus Cachaça Envelhecida em Canela Sassafrás. Hier schlägt das Fass voll zu, irgendwie passend zu dem Namen des Holzes, das an Zimt erinnert, ist auch die Färbung nun deutlich, wie auch die Viskosität. Der Duft ist durchaus erstaunlich, da ist viel Honig, Zimt, schwersüße Tropenfrucht, vielleicht sehr reife Sternfrucht, aber auch eine erdig-holzige Seite, die ein bisschen an Grappa erinnert. Darüber liegt ein parfümartiger Geruch, etwas Moschus, etwas Zedernholz, Zypresse, und ein Hauch schwerer Lilienduft. Unglaublich komplex und interessant, was zum lange dran schnüffeln. Im Mund ist das auch schwer greifbar, sehr holzig, fast an Latschenkiefer-Saunaaufguss erinnernd, Zypressenholz und Eukalyptusblätter. Dann richtig deutlich Zimt, mit einer klaren Anisunternote, Leder, Tonkabohne, Kokosnussschale, heller Tabak und Geranie. Auch hier ultrakomplex. Leichte Textur, schmaler Körper, frisch, mit klarem, grünen Nachhall, und deutlicher Bitterkomponente im Rachen. Unglaublich, atemberaubend! Davon habe ich mir sofort eine ganze Flasche bestellt.

Reifung: 1 Jahr in Canela Sassafrás; bedrohte Spezies. 38% Alkoholgehalt. Destilliert in der Destillerie Weber Haus in Ivoti (Rio Grande do Sul).


Weber Haus Cachaça Envelhecida em Amburana

Weber Haus Cachaça Envelhecida em Amburana. Blasses Messing, starke Viskosität, edel zu betrachten und im Glas zu sehen. Die Eigenheiten des Amburana zeigen sich sofort in der Nase, süßlich-schwer, dunkelfruchtig mit Anklängen von Brombeeren, Guave und Holunder, fast schon marmeladig, mit richtig viel Honig und etwas Vanille, dazu weiße Schokolade. Ein Hauch von Blumigkeit ist noch da. Am Gaumen ultramild, weich und flauschig, richtig gemütlich legt sich das zunächst rein, erst im Verlauf kommt mildpikante Würze auf, leichtes, sehr angenehmes Prickeln, feine Wärme. Der Basisbrand scheint hier nun durch, zeigt sich vorsichtig mineralisch und mit sehr viel Zuckerrohrsafttypizität in der Aromatik; das Holz lässt hier dem Brand auch etwas eigenen Spielraum. Das trinkt sich insgesamt sehr angenehm und süffig, bleibt aber im Abgang leicht bitter und insgesamt etwas kurz, da würde ich mir etwas mehr Ausdauer wünschen. Dennoch: aromatisch und handwerklich sehr sauber gemacht.

Reifung: 1 Jahr in Amburana; beinahe bedrohte Spezies. 38% Alkoholgehalt. Destilliert in der Destillerie Weber Haus in Ivoti (Rio Grande do Sul).


Santo Grau P.X. Solera Pedro Ximenez

Santo Grau P.X. Solera Pedro Ximenez. Das erste Produkt, das nicht in brasilianischem Holz gereift ist, sondern in klassischer Eiche – toll als Vergleich, finde ich. PX färbt natürlich ordentlich, das sieht man an der goldenen Farbe. Der Geruch begeistert mich erstmal nicht so wirklich, man riecht das feuchte Holz und einen Anflug von rotem Wein, aber auch eine ordentliche Portion Ethanol, die zwar nicht im Vordergrund liegt, aber doch etwas stört. Darunter gibt es Honig, Zuckerrohrsaft und eine minimalst nussige Note. Im Mund drängt sich diese sehr nach vorne, richtig fette Erdnuss, witzigerweise noch viel mehr als beim Cachaça mit Erdnussholz. Dann kommt erstmal nicht viel mehr, ein neutrales Brennen auf der Zunge und angenehme Würze, doch ohne echtes Volumen oder Dichte. Entsprechend klingt der Santo Grau auch sehr schnell aus und lässt nur Erdnuss und Neutralalkohol auf der Zunge zurück. Sicher der mit weitem Abstand schwächste der hier präsentierten Cachaças – dazu ist er gesüßt, das hat aber nicht viel gebracht, finde ich.

Reifung: Solerasystem in PX Sherry Casks, ohne Altersangabe. 39% Alkoholgehalt. Adoçado (gesüßt). Destilliert in der Destillerie Santo Grau in Itirapuã (São Paulo).


Die Präsentation ist wirklich gelungen, die navyblaue hat eine schöne Zuckerrohrpflanze-Dekoration und eine scheckkartengroße Holzplatte mit dem Namen der Box. Ein Magnetverschluss hält die Box geschlossen. Die Röhrchen mit den Cachaças liegen sicher und fest in einer samtigen Halterung. Die Bezeichnungen sind nur über Nummern gestaltet, die auf einem etwas einfach gehaltenen Beipackzettelchen aufgeschlüsselt werden; die Infos hier sind sehr knapp und müssen durch Eigenrecherche ergänzt werden, will man wirklich wissen, was man da trinkt (dafür habt Ihr aber ja mich!).

Dieses Set hat mich schwer beeindruckt – ich hatte es vor 2 Jahren oder so mal bei einer Facebook-Aktion gekauft, und seitdem lag es rum. Hätte ich geahnt, was da für Schätze schlummern, wäre das schon viel früher über die Rezensionstheke gegangen, hundertprozentig. Nun ja, so habe ich meine tiefe Liebe zu Cachaça wiederaufleben lassen können, die die letzten Monate doch sehr eingeschlummert war. 5 großartige Brände, einer davon sogar sensationell begeisternd, nur ein einzelner mittelmäßiger, das ist ein Set, das sich lohnt!

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

4 Kommentare zu „Der Geschmack Brasiliens – A Taste of Brazil 6 Cachaças with Different Wood Maturations Sample Set

  1. Cachasas – da klingelt was – ist der Gute wirklich so gut?
    Mit besten GrüßenDietmar Barro
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  2. Schade, aber danke

    Es wäre in diesem Fall schön, etwas zur Mixologie mit Cachaca zu erfahren. Okay, das geht nicht so gut mit den kleinen Probierröhrchen. Aber ich hatte mich bei der Lektüre der Betreffzeile darauf gefreut, einen neuen Cocktail kennenzulernen, der nicht Caipirinha heißt. War trotzdem anregend zu lesen. Merci vielmals

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