Das „Bacardi-Feeling“ beschreibt ein Lebensgefühl. Natürlich lebt das alles von einer sehr guten Marketingmasche, mit Fernweh-Werbespots und einem sensationellen One-Hit-Wonder-Song, der, kaum angespielt, einen schon in die Karibik versetzt. Leider konnte man die tatsächliche Ausprägung dieses Gefühls dann meist nur mit anderen Rums kennenlernen – Bacardí hat unter Rumkennern nicht den allerbesten Ruf, sie leben von anspruchsloser, geschmacksarmer, billiger Massenware für den All-You-Can-Drink- und Happy-Hour-Markt. Dennoch muss man natürlich hin und wieder auch als Kenner einen Blick auf die Produkte der großen Rumindustrie werfen, und so setzte ich als Rumfreund alles auf eine Karte und legte mir den Bacardí 8 Años zu, ehrlicherweise in der vorschadenfrohen Erwartung, von diesem Experiment enttäuscht zu werden.
(Dieser Artikel ist eine Komplettüberarbeitung einer mehrere Jahre alten Rezension von mir).
Farblich haben wir einen dunklen Ton vor uns, der gewiss nach 8 Jahren Fassreifung natürlich entstanden sein kann. Färbung ist vorhanden, etwas, was ich nicht befürworte, aber auch kein Kopfweh deswegen kriege – alle tun es, und es beeinflusst den Geschmack zumindest nicht.
Die Nase ist dagegen umso interessanter. Tabak, leicht rauchig, Lösungsmittel, Karamell, Vanille, Rosinen. Ein wirklich attraktiver Geruch, an den man sich gewöhnen kann. Im ersten Ansatz vom Mundgefühl her recht weich, rund und mild. Mit Verweildauer setzt ein mittleres Feuer den Mund in Brand (ich übertreibe etwas, es ist mehr ein zartes Brennen). Ich liebe diese Art Abwechslung, so lange das Feuer aromatisch bedingt ist, und nicht aus Alkoholschärfe entsteht. Nun ist der Rum plötzlich würzig und leicht nussig, und vielleicht sogar etwas kräuterig, insgesamt herrscht dennoch eine sehr süße und cremige Eindruck vor.
Der Abgang ist mittellang, Vanille und Tabak verbleiben etwas am Gaumen. Dazu eine milde Süße, die nicht hundertprozentig angenehm ist. Woher kommt die? Auch dieser Rum ist künstlich nachgesüßt. Die Messungen schwanken zwischen 12 und 20 g/L. Der „normale“ Bacardí Superior hat keinen künstlichen Zuckerzusatz – wie seltsamerweise oft sind es also die Pseudo-„Premium“-Marken innerhalb eines Sortiments, die gezuckert werden.
Mein Fazit – ja, so kann man sich täuschen. Sehr fruchtig und gleichzeitig rauchig; ein durchaus überraschender Geschmack für einen Rum. Er geht schon eher in die Tabak- oder Leder-Richtung, ist auf jeden Fall aromatisch und rund. Kein Aromenwunder natürlich, aber gut trink- und mixbar, insbesondere für den Preis, den man bezahlt.
Immerhin hat er Wucht, selbst z.B. in einem fruchtig-süßen Havana Sail kommt er gegen den dicken Maracujasaft an. Das witzige an diesem Cocktail ist, dass er, je nach verwendeter Grenadine, unterschiedliche Farben hat. Im Foto unten habe ich einen Riemerschmid-Granatapfelsirup verwendet; dieser färbt den Cocktail dunkelrot. Eine andere Grenadine, die ich sonst verwende, gibt dem ganzen nur einen Hauch eines Rottouches, der Cocktail bleibt dunkelgelb. Was man nicht alles so entdeckt beim Cocktailmixen.
Havana Sail
1 oz Bacardi 8 Años Reserva Superior
2 oz Maracuja-Saft
½ oz Grenadine
[Rezept nach unbekannt]
Die sehr schöne Präsentation in einer edlen Flasche rundet das ganze ab – seit der Zeit, in der ich meine Flasche erwarb und austrank, hat sich ein Flaschenredesign ergeben. Die neue Flasche sowie das neue Etikett, das im Zuge der Vereinheitlichung der Produktreihen des Herstellers stattfand, hat diesem Aspekt allerdings keinen Abbruch getan, die neue Präsentation weiß ebenso zu gefallen wie die alte.
Wer sich bei meinem Produktfoto über den seltsamen Aufsatz gewundert hat – er wird natürlich nicht standardmäßig mitgeliefert, sondern muss separat erworben werden. So skeptisch ich den Rums von Bacardí gegenüberstehe, so mag ich deren Markenpräsentation (das geht mir mit diversen anderen Spirituosen auch so; man sieht, wir sind doch etwas von der Optik getrieben, selbst wenn wir es nicht wollen). Das Wappentier der Firma, die Fledermaus, ist einfach zu goldig, als dass ich sie einfach so abtun könnte. Man muss einfach für sich aus jeder Spirituose das beste machen. Dann kommt das Karibik-Feeling vielleicht auch mit.
Ich bin nicht sicher, warum es so unglaublich ist, dass Bacardi vernünftigen Rum produziert…
Zum einen würde Rum nicht den Stellenwert haben und auch nicht die Qualität, wenn es keinen Facundo Bacardi gegeben hätte- er hat nicht nur eine but gleich einige Innovationen eingebracht, als Rum noch eher als Aguardiente bezeichnet sein sollte.
Ich glaube es ist gerade ein Deutsches Problem (höchstwahrscheinlich durch zu massentaugliches Marketing von Bacardi und/oder zu guten Target-Marketing von Havana Club)- dass Bacardi als schlechte Marke da steht. Ich glaube persönlich dass kein !assenproduzent einen sehr guten weißen (oder hellen) Rum herstellt….
Bacardi 8 años ist seit langem einer meiner Favoriten- gut genug um pur zu trinken und gúnstig genug um zu mixen. Der Zuckerzusatz entäuscht natürlich ein wenig- aber auf der anderen Seite stehen Luxus-Rums dort, die die doppelteMenge (oder mehr) zu setzen – deshalb ist es unfair Bacardi dort einen Vorwurf zu machen!