Es war ein großer Lacher im Kino, als James Bond (gespielt von Daniel Craig) in „Casino Royale“ auf die Frage, ob er seinen Vodka Martini gerührt oder geschüttelt wollte, antwortete: „Sehe ich aus, als ob mich das interessiert?“ Ich habe kurz mitgelacht, aber tatsächlich, als ich ein bisschen darüber sinnierte, fand ich das eine blöde Szene. Nur um einen billigen Lacher zu provozieren stürzt man hier mehrere grundlegende Gegebenheiten um. Erstens, kein Barkeeper, der auch nur ansatzweise etwas auf sich hält, würde diese seltsame Frage „geschüttelt oder gerührt?“ zu einem Martini überhaupt stellen – ihn geschüttelt zu trinken ist ein höchst ungewöhnlicher Sonderwunsch, den ein Gast vorbringen muss, nicht der Barkeeper. Zweitens nimmt man die Vernichtung des leichten Zaubers, den die Phrase im Bond-Kontext nun mal seit Jahrzehnten hat, billigend in Kauf. Und zu guter letzt bricht man mit dem Charakter des James Bond, der in den Romanen als absoluter Genießer, Kenner und Cocktail- wie Spirituosengourmet dargestellt wird. Wie man an der folgenden, herrlichen Infografik leicht erkennen kann ist Bond, was Essen und Trinken angeht, überhaupt nichts egal – sie wäre aber noch spannender, würde sie das, was in der Literaturvorlage geschieht, berücksichtigen, und nicht nur die Kinofilme.Man ahnt anhand dieser Liste, dass Bond durchaus, trotz seiner eigentlichen Liebe, dem Champagner, ein Kind seiner Zeit ist; in den 50er Jahren, als viele der frühen Geschichten und Romane um den britischen Agenten entstanden, war Vodka der Hit schlechthin. Letztlich ist das für mich, als absoluten Fan des Schreibstils Ian Flemings, einer der wenigen Gründe, mich überhaupt mit Vodka im westlichen Stil auseinanderzusetzen, der ja auf Geschmacksneutralität setzt und damit für mich nicht interessant ist, der ich auf Aromenvielfalt und -wucht schiele. Ich will dem Xellent Swiss Vodka aber dann doch eine Chance geben, Nullnullsieben zuliebe – gehört der Vodka aus der Schweiz, hergestellt mit Gletscherwasser und (dankenswerterweise nur!) dreifach destilliert, in diese Kategorie der westlichen Neutralvodkas?
Farblich klar und ohne jedweden Einschluss. Eine starke Öligkeit ist erkennbar, die Beinstruktur sehr beeindruckend, die langsam ablaufenden Tröpfchen am Glasrand gefallen. Im Geruch ist zunächst mal nichts von einer Neutralität zu riechen – eine leichte Zitrusnote, etwas Gras, eine Getriedekomponente, ein Hauch einer Blumigkeit. Etwas Ethanol. Es ist also geruchlich etwas da, aber insgesamt nur „etwas“. Man muss aber ehrlich zugeben: ich hatte schon Rums im Glas, die weniger aromatisch waren.
Im Mund kommt wieder die Öligkeit zum Vorschein, und eine damit einhergehende Cremigkeit, die zu gefallen weiß. Ich entdecke hier etwas würzigen Roggen, etwas spritzige Limette, aber auch eine milde Schokoladigkeit im Hintergrund. Erneut ist das Schlüsselwort jedoch wieder „etwas“. Rudimentäre Ansätze von Thymian und Lavendel. Der Abgang hält sich dann nicht mehr zurück – eine starke Pfeffrigkeit sorgt für einen spannenden Wechsel vom cremigen Antrunk her, und für eine gewisse Effektlänge – aromatisch ist der Xellent nach wenigen Sekunden dagegen vom Gaumen verschwunden.
Hm, das ist gar nicht unangenehm zu trinken, das muss ich zähneknirschend eingestehen. Nicht spannend oder aufregend, aber auch nicht belanglos, wie ich erwartet hatte, sondern durchaus gefällig mit dezenten Aromen.
Nun könnte ich hier natürlich einen Vodka Martini empfehlen, um auf die Einleitung zurückzukommen. Allein, mir fehlt der Glaube an diesen Drink, den ich für eine der armseligsten Entschuldigungen für ein Besäufnis halte – schmeckt nach nichts, knallt dafür gut und ist im Atem nachher nicht zu erkennen. Ideal für einen desillusionierten britischen Geheimagenten der 50er Jahre, sinnlos in heutigen Zeiten. Der Yukiguni dagegen hat den Charme, dass der Schweizer Vodka allein schon vom Namen her („Land des Schnees“) gut passt.
Yukiguni
1½ oz Vodka
½ oz Triple Sec
½ oz Limettensaft
Auf Eis shaken. In einem Glas mit Zuckerrand servieren.
[Rezept nach unbekannt]
Über einen Mangel an Aufmerksamkeit wird sich der Xellent nie beschweren werden können – die Flasche schreit geradezu „schau mich an!“. Das rote Glas, das prominent platzierte Schweizerkreuz, der große, silberfarbene Plastikdrehverschluss, da gibts was zu schauen, und in jeder Bar fällt die Flasche auf. Unter Gesichtspunkten der Praktikabilität wurde viel geopfert für die flashige Wirkung.
Auch wenn der Xellent ein Grenzgänger sein mag, bleibt für mich ein derartiger Vodka, egal welche Qualitätsstufe er aufweist, eine reine Mixzutat, und selbst dabei weiß ich nicht so recht, ob ein reiner Alkohollieferant eine ideale Zutat ist. Für die, die sich auch für die Möglichkeiten interessieren, die nichtneutraler Vodka im Purgenuss bieten kann, empfehle ich daher, auch wenn der Xellent schon etwas in diese Kategorie schielt, lieber Produkte wie Freimut oder Polugar, die einen noch sehr viel stärker ausgeprägten eigenen Geschmack und deutlicheren Charakter mit sich bringen. Ich weiß nicht, welchen Vodkastil der literarische Bond persönlich bevorzugt hätte, aber da er auch gern Scotch trank, hätte er sicher überlegt, ob er nicht auch eventuell Geschmack dem damals so wichtigen Flair eines klaren, aromenlosen Modegetränks vorgezogen hätte. Wenn nicht, wäre der Xellent Swiss Vodka aber bestimmt ein sehr interessantes Produkt für ihn gewesen – für mich ist er jedenfalls der neue Standardvodka in meiner Hausbar, ideal für die klassischen Vodkadrinks, die ich mir hin und wieder gönne.
Wo es das Marketing so rot plärren lässt, wäre ich nicht erster Hingreifer.
James Bond trinkt nach eigenen Angaben jedoch nur russischen oder polnischen Vodka.
Oh, ja, ich erinnere mich dunkel an eine entsprechende Szene in einem der Bücher… Sehr aufmerksam, danke! Das werde ich nochmal genauer nachlesen.
„I would like a medium vodka dry martini – with a slice of lemon peel. I would prefer Russian or Polish vodka.“
Aus Dr No stammt das. Die Kollegen von Trinklaune.de haben einen ganzen Artikel über Bonds Vodkapräferenzen geschrieben. :)
und nicht nur das, habe mit Belvedere dazu mal zwei komplette Cocktailabende gemacht…
Grasovska rulez!