Wüstenmagie – Los Magos Artesanal Ensamble de Sotoles

Tres Magos Artesanal Ensamble des Sotoles Titel

Sotol ist eine der mexikanischen traditionellen Spirituosen, die eine geschützte geografische Angabe aufweisen. Sie wird aus Dasylirion hergestellt, einer optisch der Agave ähnelnden Pflanze, die aber eigentlich mehr dem Spargel verwandt ist, in der Region nennt man sie auch „Wüstenlöffel“, im Allgemeinen aber einfach Sotol, wie die Spirituose selbst. Nur die Bundesstaaten Chihuahua, Coahuila und Durango dürfen ihn in Mexiko herstellen, allerdings gibt es auch in den USA Hersteller, die ihre Produkte meist „Texas Sotol“ nennen. Während México Selection 2025 in Chihuahua habe ich den Gründer der Marke Los Magos, Juan Pablo Carvajal, persönlich kennengelernt und viel mit ihm geredet. Er hat das Talent, Sotol charismatisch und trotzdem sehr bodenständig zu repräsentieren, in klarer Sprache die relevanten Punkte offenzulegen und ganz ohne Marketing oder Überschwang über Sotol und die Region, aus der er stammt, zu sprechen. Sehr sympathisch, muss ich sagen! Entsprechend stelle ich heute mit viel Freude seinen Los Magos Artesanal Ensamble de Sotoles vor.

Im Gegensatz zur Agave, die nach der Ernte tot ist, lassen die Tumbadores, die die unkultivierten, wild wachsenden Dasylirion-Wheeleri-Pflanzen ernten, Wurzeln und Blätter zurück, und die Pflanze kann sich daraus regenerieren. Wie bei Agaven werden die Blätter entfernt, und die piñas in Erdgruben, die mit Holz befeuert werden, 36 bis 48 Stunden geröstet und danach von Hand zerkleinert. Bis zu 20 Tage dauert die Fermentation in offenen Holzbottichen, rein mit wilden Hefen, es kommen keine genetisch veränderten Organismen zum Einsatz. Schließlich wird dreifach in Kupferbrennapparaten destilliert, mit mineralreichem Wasser erfolgt die Einstellung auf die Trinkstärke von 38%. Man sieht, der Prozess tut der Kennzeichnung „Artesanal“ alle Ehre. Keine Zusätze kommen dazu. Man versucht, die kommerziellen Fallstricke zu vermeiden, die aus so traditionellen Produkten oft schnell genug reine Konsumware machen, die den Bodenhalt verliert. Die Herstellung ist biologisch (wenn auch nicht zertifiziert), und statt auf Konflikt zu setzen, arbeitet man grenzüberschreitend zwischen Mexiko und den USA, die ja die Kulturlandschaft und die Sotolpflanze beide teilen. Ein Teil der Einnahmen gehen auch in die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Farmer und ihrer Familien. Eine spannende Geschichte, die nicht nur erzählt, sondern genau so gelebt wird – und nun probieren wir den Brand einfach mal.

Tres Magos Artesanal Ensamble des Sotoles

Klar und brilliant findet sich der Brand dann im Glas, mit einer sehr ansprechenden Viskosität, die einen deutlichen Film an der Glaswand hinterlässt, der sich dann in schlanke Beine aufteilt und abläuft.

Die Nase des Los Magos ist von Anfang an komplex und sehr vielschichtig. Da sind mindestens zwei grundlegende Aspekte, die gleichberechtigt auftreten und sich wabernd ineinander verschlingen, ein Gesamtbild erzeugen, sich aber auch unabhängig erkennen lassen. Erstmal ist da eine kräuterige, helle Frische, die fast an einen Gin erinnert, mit Thymian, Salbei und einem Tick Estragon; dabei ist auch eine herbe Zitrusschalennote, allerdings nicht spitzig, sondern ätherisch und aromatisch. Die nächste Schicht ist kontrastierend dazu vorsichtig rauchig und laktisch, beides in einem sehr gut kontrollierten Ausmaß, aber effektiv, der Rauch ist leicht speckig, mit ganz milden Fleischnoten, die laktische Seite erinnert an einen ganz jungen Camembert, der noch nicht seine Reife erreicht hat. Ein bisschen Ethanol scheint durch, ein bisschen grüner Tee, vielleicht etwas trockenes Heu. Man sieht, ein wirklich buntes Bild an Eindrücken, Dinge, die man gar nicht zusammen verorten würde, passen sich rund ein.

Tres Magos Artesanal Ensamble des Sotoles Glas

Das Mundgefühl des Los Magos ist zu Beginn sehr leicht und weich, wirklich zart und mit einer deutlichen natürlichen Süße versehen, das legt sich fein auf den Gaumen. Denkt man zunächst noch, ja, ein bisschen mehr Wumms könnte dem nicht schaden, verfliegt dieser Wunsch schnell, denn im Verlauf bildet sich eine leicht pikante, warmpfeffrige Würze heraus, mit schwarzem Pfeffer, Rosenpaprika und leichtem Ingwer, insgesamt ohne jedes Brennen oder scharfe Hitze. Die Kräuteraspekte sind nun betont, viel Salbei und Kerbel erscheinen, und im Nachhall auch eine sehr grünfleischige, vegetabile Seite, die an Agave, grünen Spargel, Algen und Aloe erinnert. Der Abgang ist mittellang, würzig und deutlich salzig, angenehm astringierend und trocken, ohne wirklich hart dabei zu werden, mit einer sehr eleganten Bittere im hinteren Rachen und der Zungenseite, und nun kommt noch aromatische Weihnachtsräucherware zum Vorschein, ein Hauch Patschuli und noch mehr Algen. Der Los Magos hinterlässt ein sehr feines Mundgefühl, elegant und voller Sotol-Resteindrücke.

Im Gegensatz zu vielen anderen mexikanischen Spirituosen ist Sotol im Allgemeinen sehr leicht zugänglich und gar nicht kompliziert, und der Los Magos ist dabei keine Ausnahme. Wer Schwierigkeiten mit den starkrauchigen, extremlaktischen oder aromatisch überwältigenden Mezcals aus dem Süden Mexikos hat, ist mit einem Sotol wie dem Los Magos vielleicht als erstem Schritt besser bedient, ohne dass man auch nur ein bisschen von Traditionalität und Produkttiefe aufgibt; das Preisleistungsverhältnis ist darüber hinaus sehr gut. Ich wüsste keinen Grund, hier nicht sofort zuzugreifen!


Den Sotol Pineapple Sour habe ich auf dem Eröffnungsempfang von México Selection getrunken, dort wurde er ohne Namen oder Rezeptangabe serviert. Das Rezept habe ich mir zuhause nachgebastelt und ein bisschen herumexperimentiert, um das Geschmackserlebnis von damals einigermaßen nachzubilden. Ich weiß nicht, ob es genau dasselbe ist – jedenfalls ist der Cocktail ein toller, erfrischender und aromatischer Mix aus der Komplexität des Los Magos und der Fruchtsüßsäure der Ananas.

Sotol Pineapple Sour Cocktail

Sotol Pineapple Sour
2oz / 60ml Sotol blanco
1½oz / 45ml Ananassaft
¾oz / 23ml Zitronensaft
½oz / 10ml Zuckersirup
Auf Eis shaken. Auf frisches Eis abseihen.

[Rezept nach Helmut Barro]


Passend zur nachhaltigen Einstellung bei Los Magos ist die Flasche aus recycletem Glas gemacht, mit recht individueller Form und dem Markenlogo unscharf ins Glas eingelassen. Über Wachs auf einer Flasche habe ich öfters schon gesagt, dass ich es ablehne – zumindest ist hier der Zugstreifen sehr gut gelungen, und man kann die Flasche leicht öffnen, ohne dass Wachsreste in die Flasche fallen oder krümeln. Ein Echtkorken verbirgt sich darunter. Das Etikett ist stilsicher in dunklem grün mit Kupferdetails gehalten, eine schöne und ungewöhnliche Farbkombination, die am Flaschenhals mit dem Wachs und der Kupferabgrenzung wiederaufgenommen wird.

Ein paar Bilder aus der Region, aus der dieser Sotol stammt, sollen verdeutlichen, welches Klima und welche Kultur dort vorherrschen. Ich war Ende November dort, da ist es tagsüber immer noch sehr angenehm warm mit oft blauem Himmel und strahlender Sonne, die die staubige, steinige und flachbebuschte, karge Wüstenlandschaft in bestem Licht präsentiert. Und ein Bild einer Sotol-Pflanze ist auch dabei.

Es ist doch eine ganz erkleckliche Zahl von Sotols in Deutschland erhältlich, persönlich überrascht mich das, auf eine positive Art und Weise. Der Los Magos ist erst seit kurzem dabei, man kann ihn zu einem sehr vernünftigen Preis bei Mex-Al erwerben; Juan Pablo Carvajal hatte im persönlichen Gespräch mit mir erwähnt, dass er damit seinen ersten Schritt nach Europa getan hat (man erkennt es auch daran, dass die Füllgehalt-Angabe auf der Flasche noch recht rudimentär mit einem Aufkleber von den in Mexiko üblichen 750ml auf europäische 0,7l angepasst wird).

Los Magos Goldmedaille

Wie man sieht, hat der Sotol auch bei México Selection 2025 eine Goldmedaille gewonnen – das habe ich eben noch erfahren, und ich glaube, das ist ehrlich und wahrhaftig verdient. Wer diese Art von Spirituose und aufstrebende Unternehmer unterstützen, und einen richtig guten klaren Brand zuhause haben will, den nicht jeder schon kennt, sollte dort zugreifen. Oder einfach mal selbst nach Chihuahua fahren und die dort sehr lebendige Sotolkultur am eigenen Leib erfahren, das wäre noch besser und unterhaltsamer!

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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