Kanadischer Inselwhisky – Shelter Point Distillery 7 Year Old Classic Single Malt

Shelter Point Distillery 7 Year Old Classic Single Malt Titel

Einen Whisky wollte ich noch mitbringen von meinem letzten Kanada-Aufenthalt, idealerweise einen, bei dem ich die Brennerei besichtigen konnte. Doch der Reiseplan war mit der heißen Nadel gestrickt, 3600km wollten mit dem Mietwagen abgefahren werden, vom Westzipfel von Vancouver Island bis an die Grenze nach Alberta in den Rocky Mountains. Da muss man die Destillieriebesuche eher mitnehmen, wenn es sich ergibt, statt die Route danach zu planen, und so verpasste ich alle Möglichkeiten dafür – zwei der Brennereien waren zum Zeitpunkt meines Vorbeikommens geschlossen, und die Shelter Point Distillery bei Campell River habe ich schlicht und ergreifend übersehen. Darum habe ich wenigstens am Flughafen in Vancouver noch zugeschlagen und mir den Shelter Point Distillery 7 Year Old Classic Single Malt im Duty-Free-Shop mitgenommen.

Die Shelter Point Distillery wurde 2011 gegründet, und man stellt dort Whisky in kleinen Auflagen her, mit traditionellen Methoden – 2 Forsyth Potstills stehen dort, in denen der Whisky doppelt gebrannt wird, nach einer langen Fermentationszeit. Die Gerste wird in Blickweite der Brennerei angebaut, das Wasser kommt aus dem Grundwasserleiter unter der Brennerei, und man schaut aufs Meer, während man den Whisky herstellt. Der Classic Malt ist ein Blend, bei dem die Einzelteile separat in unterschiedlichsten Fässern gereift wird, Bourbon, aber auch Wein, Sherry und Port waren die Vorbelegungen, ein Teil wird auch in neuen Fässern gelagert. Ein großes „continous vatting“-System kommt für die Mischung zum Einsatz, der Whisky wird nicht kaltgefiltert oder gefärbt. Es ist immer etwas besonderes, wenn man eine Spirituose aus einer Region trinkt, die man schon besucht hat, und ich bin extrem gespannt, ob ich diese Verknüpfung bei der nun folgenden Verkostung tatsächlich nachvollziehen kann.

Shelter Point Distillery 7 Year Old Classic Single Malt

Eine ehrliche, ungefärbte Tönung für einen Siebenjährigen, finde ich, ein feines Gelbgold, dabei eher leuchtend als blass, mit rieslingfarbenen Lichtreflexen. Sehr hübsch ist das Schwenkverhalten, mit leichter Viskosität und dicken Venen, die sich an der Wand des Glases bilden.

In der Nase spürt man erstmal die Gerste, die Getreidenote ist sehr dominant. Haferflocken kommen passend dazu, und dann eine volle, säuerlichsüße Fruchtseite, die mich an roten Apfel, Quitte und etwas Litschi erinnert. Honig ist da, und ganz unten auch eine balsamische Note, die Anflüge von Süßholz, Eukalyptus und Zedernholz zeigt. Man spürt hier bereits, dass man einen noch jungen Whisky vor sich hat, der Körper wirkt leicht und schmal, hat aber durchaus interessante Ansätze, was die Aromatik angeht.

Shelter Point Distillery 7 Year Old Classic Single Malt Glas

Am Gaumen präsentiert der Shelter Point Classic sich aber schon durchaus rund und voll, mit einer wirklich cremigen Textur im Antrunk. Süß, mit angenehm ausgeprägem Getreide, ohne zu gerstig zu werden, und einer Mischung aus mildem Karamell, hellem Nougat und Honig als Basis. Im Verlauf nimmt er Fahrt auf, trocknet merklich ab, wird befeuert durch kräftige, weißpfeffrige Würze und 46% Alkoholgehalt. Dieses Feuer bleibt bis zum Schluss bei uns, besonders auf der Zungenspitze, und einem warmen Rinnen durch die Speiseröhre; Zwicken oder wirklich unangenehmes Brennen ist ihm dabei aber fremd. Ganz klar spürt man von vorne bis hinten diese maritime, deutlich salzige und leicht algig-iodische Seite an ihm, weniger aromatisch, aber vom Mundgefühl und vom generellen Eindruck. Der Abgang des Shelter Point Classic ist lang, würzig, im Rachen leicht kratzig, und etwas astringierend, hier könnte eine längere Lagerung viel Potenzial heben. Der Nachhall ist warm, mit mildem Jasmin und einem leicht salzigen Eindruck am Gaumen.

Man spürt bei diesem Whisky wirklich das Terroir, aus dem er stammt. Da ist diese Mineralität und Salzigkeit, die ich in Campbell River selbst in der Luft geschmeckt habe, abgebildet, und so etwas finde ich persönlich grandios. Ein Küstenwhisky, der sicher mit etwas mehr Reifung zur Vollendung gebracht werden kann, aber auch so schon ein toller Repräsentant der Stadt, aus der er stammt.


Was würde hier besser passen als ein Cocktail, der entsprechend auch das Meer im Namen trägt. Der Ocean Cable gibt noch etwas Atlantikküste in Form eines Cognacs zum Pazifik des Shelter Points, man darf hier ruhig auch etwas Maritimeres verwenden, um sich in diese ganze Thematik zu lehnen. Jedenfalls ein sehr angenehmer Drink, der von einem Charakter wie dem des Shelter Point Classic profitiert.

Ocean Cable Cocktail

Ocean Cable
1½oz / 45ml Kanadischer Whisky
1oz / 30ml Lillet Blanc
½oz / 15ml Cognac
1 Spritzer Angostura Bitters
Auf Eis rühren.

[Rezept nach A.G. Scott]


Die Flasche ist insgesamt konventionell für diese Art Spirituose, hat als einzige Extravaganz die Schriftzüge „Uniquely Shelter Point“ vorne und „Distinctly Vancouver Island“ auf der Rückseite, sowie oben drei Gerstenähren ins Glas eingegossen. Ein Echtkorken mit Holzstöpsel und ein sauber und klar gestaltetes Etikett runden die Präsentation ab.

Anbei nun noch ein paar Bilder, die ich während meines Aufenthalts in Campbell River im Mai 2025 geschossen habe. Die Stadt war der Anlaufpunkt für weitere Ausflüge auf Vancouver Island, über den Millennium Trail und der Hängebrücke an den Elk Falls bis hoch in den Norden nach Port Hardy, das wunderschöne Telegraph Cove und eine unterhaltsame, kurze Fährfahrt nach dem der Stadt vorgelagerten Quadra Island.

Auf der Insel sollte man definitiv mal die frittierten Austern bei der Coveside Seafood Eatery probieren, mit Blick auf die Discovery Passage, und auch das eine oder andere Bier bei Beach Fire Brewing probieren, für die ich ja vor einer Weile ein Bier schon hier besprochen hatte. Das Bier, die Austern, der Whisky – eine tolle Kombination, und das einzige, was ich etwas bereue, ist, dass wir nicht die Brennerei von Shelter Point besichtigen konnten. Aber ich werde ein drittes Mal nach Vancouver Island zurückkehren, ganz sicher, und dann steht das auf der Liste.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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