Die Kultur von Barbados – John D. Taylor’s Velvet Falernum Liqueur

John D. Taylor's Velvet Falernum Liqueur Titel

Ich erinnere mich noch an meine Anfangszeit, als ich mich für Cocktails zu interessieren begann und mir langsam meine eigene Hausbar aufbaute. Ted Haighs „Vintage Spirits and Forgotten Cocktails“ war das erste wichtige Buch, das mir dabei half, einen Geschmack für die damals vergessenen Klassiker zu bilden. Es zeigte mir, dass da eine ganze Welt an unbekannten Drinks auf mich wartete, wenn man bereit war, etwas Zeit und Geld in die Suche nach obskuren Zutaten zu investieren. Heute kaum vorstellbar, doch eine davon war damals Falernum.

Schnell stellte sich heraus, dass die, die schon weiter waren in Bezug auf diese Art von Cocktails, immer wieder zu John D. Taylor’s Velvet Falernum Liqueur rieten; einerseits wegen der Aromatik, sicher, doch eigentlich, wenn man ehrlich sein will, hauptsächlich weil es praktisch das einzige Falernum war, das kommerziell erhältlich war. Die Zeiten haben sich geändert, ich habe inzwischen vier Falernums in meiner Bar, eins davon sogar in Deutschland hergestellt. Ein guter Zeitpunkt, auf das Original zurückzublicken und den klassischen barbadianischen Likör aus Rum, Limetten, Ingwer, Mandeln und Nelken, nochmals im Glas zu betrachten.

ohn D. Taylor’s Velvet Falernum Liqueur

Farblich sehen wir Pastellgold, vielleicht sogar eher nur Stroh – eine recht natürlich wirkende Farbe für einen nur mit hellen Zutaten mazerierten Likör. Allzu schwerfällig verhält er sich dann auch passend dazu nicht im Glas. Die Glaswand dagegen ist ein einziger Ölfilm, der sich nur widerwillig in einzelne Beine zerlegt.

In dieser Konsequenz hat man das nicht allzu oft: man kann die angegeben Zutaten ohne Mühe einzeln herausriechen. Zunächst ist die Mandel sehr präsent, danach folgt aber direkt die Limette. Ingwer und Nelke bilden eher das Grundgerüst, auf dem die beiden anderen aufbauen. Eine leichte Spülmittelnote, die in Ethanol übergeht, wenn man ganz tief schnuppert (verrückt eigentlich, bei nur 11% Alkoholgehalt). Dennoch im Gesamtbild sehr attraktiv, das macht Lust aufs Kommende.

John D. Taylor's Velvet Falernum Liqueur Glas

Der Antrunk ist supersüß, das bleibt auch wirklich bis zum Ende die dominierende Komponente, eine vorsichtige Zitrusnote versucht, das auszugleichen, gibt etwas Säure. Noch weniger Chance hat der Ingwer, auch hier ist es mehr eine Idee als ein echter Geschmackseindruck. Die Nelken bauen, wie schon in der Nase, dazu etwas Komplexität auf; insgesamt beherrscht jedoch sensorisch Mandelsüße das Bild von vorne bis hinten.

Der Abgang wird für mich beherrscht von Kokosfleisch, auch wenn das nicht als Zutat enthalten ist – es entsteht wohl aus der Mischung der Mandel- und Gewürzeindrücke. Sehr süß bleibt das Falernum, ist auf Gaumen, Zunge und Lippen für eine Weile da und erzeugt etwas Adstringenz. Leichte Blumigkeit gibt es noch als Nachhall, doch dann ist der Likör auch recht schnell wieder aus dem Mund verschwunden.


Nun, zum Purtrinken reizt mich das Velvet Falernum nicht, dazu ist es zu eindimensional (vielleicht wäre „subtil“ das passendere Wort) und pappsüß, da gibt es sehr viel spannendere Liköre. Es läuft darauf hinaus, dass es eine traditionelle Zutat für Mixed Drinks ist, und da weiß es dann in seiner Puristik doch wieder zu gefallen – es ist kein Sammelsurium an Eindrücken, das den Drink stark verändert, sondern ein milder Mandellimettenlikör, der eher Mitspieler ist denn Hauptdarsteller. Der absolute Klassiker, bei dem man diesen Effekt wunderbar beobachten kann, ist natürlich der Corn ’n Oil.

Corn 'n Oil


Corn ’n Oil
2oz / 60ml Barbados Rum
½oz / 15ml Falernum
2 Spritzer Bitters
Alle Zutaten in einem Tumbler mit Eis bauen.
[Rezept nach unbekannt]


Zum Ausklang möchte ich hier etwas wiedergeben, das Richard Seale, seines Zeichens Inhaber der Foursquare-Destillerie auf Barbados und Hersteller des Velvet Falernum, bei Facebook vor einer sehr langen Weile gepostet hatte, unter der Überschrift „A subject dear to me“. Ich finde es sehr spannend, darum zitiere ich ihn hier einfach im genauen Wortlaut. Es erklärt viele Produktentscheidungen, die rein vom Probieren her nicht ersichtlich sind, und lassen manches in anderem Licht erscheinen.

All rum brands in Barbados did a Falernum. John D Taylor did rum and Falernum. The rum is long lost but luckily not their uniquely Barbadian liqueur. There were dozens of brands, now sadly there are just TWO genuine authentic falernums. Taylors has survived because it was the most famous and most awarded when we used to have those „exhibitions“ back in the day. The attached ad is from the 1950s. Four digits covered all the telephones ! Roebuck Street was home of all the rum brands.

JDT Velvet is not a „commercial version“. It IS Falernum. There was no such thing as „homemade Falernum“ thus commercialised. It was developed by the rum blenders. The idea that in a poor third world colonial country, people spent their money on a commercial version of something they could make at home is so laughably stupid. But not so long ago, Barbadians did not get their chicken from the supermarket, it came „fresh“ from the back yard.

I suspect the cult of making „homemade falernum“ started because the Tiki recipes called for Falernum and it was not available in the US for decades. Recipes of Falernum were simply guessed at. Today I see things labeled Falernum but they do not taste like any authentic Falernum I recall. And a Falernum without rum? please ! That is NOT Falernum!!!! Recipes were closely guarded secrets of the blenders. Not even written down. They are now mostly lost.

Every attempt at non Barbadian authentic „Falernum“ usually overdoes everything. They have no idea that this was a liqueur made in a poor country for very poor people to buy. High abv? what a joke. Only enough rum to preserve was added. Excess imported spices? Laughable. This is not a Falernum. Maybe a fantastic lime liqueur, but not Falernum.

Now if you do not like Falernum, that is cool. If you make a superior lime based liqueur, that is cool too. You probably can because real Falernum was made by people with very limited resources to sell at a very modest price. Just do not call yours Falernum. It is the classic case of cultural appropriation. Barbados is/was too small to protect Falernum in the same way as say Cognac or Bourbon. The practical reality is that today’s „falernum“ brands do not relate to the myriad of Falernum brands of the 1950s, 60s or 70s in Barbados. For us, this hurts.

And if your „corn n oil“ does not use Barbados rum or authentic Falernum, please do not call it corn n oil. If you think there is a way better version with other rums and other lime liqueurs, no problem at all. But if you want to taste what Barbadians actually drank in their veranda in the evening before dinner, then you need Barbados rum and real Barbados Falernum. Only then can you mimic the experience. If you feel you can improve on it, no objections. Just do not take our names. They still mean something. Well to us anyway.

Ich denke, das ist ein typischer Kommentar von Richard Seale, und einer, den ich gut verstehe.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

Ein Kommentar zu “Die Kultur von Barbados – John D. Taylor’s Velvet Falernum Liqueur

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