Meisterlich – Rügener Insel-Brauerei European Championshops Beer Styles (Auswahl)

Rügener Insel-Brauerei European Championshops Beer Styles Auswahl Titel

Zur Fußball-Europameisterschaft 2024 ließ sich die immer rührige Rügener Insel-Brauerei etwas unterhaltsames einfallen – neben den Fußballern konnten durch sie die Nationen auch im Bierbereich miteinander in Wettbewerb treten. Diverse Länder wurden ausgewählt, und extra für sie ein Bier gebraut, in einem Stil, der irgendwie mit dem Land in Verbindung gebracht werden kann. 10 Biere gab es, und man konnte online mitabstimmen, wer der Europameister werden würde. Ich habe mir einfach 4 davon ausgesucht, die ich besonders spannend fand, und stelle sie hier nun vor: das Dutch Wit für die Niederlande, das English Special Bitter für England, das Spanish Lemon Lager für Spanien und das French Season für Frankreich. Wie immer üblich bei der Insel-Brauerei werden sie in traditioneller Flaschenreifung hergestellt, und alle haben zwecks Chancengleichheit 5,6% Alkoholgehalt.

Rügener Insel-Brauerei European Championshops Beer Styles Auswahl

Gehen wir von links nach rechts durch und starten also mit dem Dutch Wit, das als besondere Zutat etwas generisch „Gewürz“ aufweist; bei einem Wit hat man ja recht klare Vorstellungen, was sich dahinter normalerweise verbirgt. Volltrüb ist es jedenfalls, bei Gegenlicht sieht man gerade noch so Lichtspiele hinter dem safranfarbenen Bier. Ein sehr attraktiver, sehr feinblasiger Schaum bildet sich auf der Oberfläche.

Rügener Insel-Brauerei Dutch Wit

Ich finde den Duft sehr typisch für den Stil, mildgetreidig aus der Basis, leichtaromahopfig mit Tönen von Aprikose und Mango, und vor allem schön mit ganz dezenten Tönen von Orangenschale und Koriander versehen. Das schnuppert sich jedenfalls richtig toll, ein Duft zum Genießen. Auch am Gaumen setzt sich die Rundheit fort, da passt alles ineinander wie Rädchen im Uhrwerk – die Textur ist superweich und fett, ohne schwer zu werden, bietet dank sauberer Säure und fein ausgeprägter Karbonisierung ein echt schönes Mundgefühl. Die Aromatik bleibt dezent, aber erkennbar, milde Aromahopfentöne gehen Hand in Hand mit der vegetabilen Seite des Korianders und einer zestigen Herbe. Ganz vorsichtig klingt im Abgang ein pfeffriger Aspekt, sowohl vom Effekt als auch vom Geschmack her, nach, wenn das Bier feinherb und leicht trocken ausschwingt. Nichts zu kritisieren, schlicht ein großartiges Bier.


Am meisten gespannt war ich auf das English Special Bitter. Es wird mit Gerste- und Weizenmalz gebraut, hat sonst nur noch den Traubenzucker für die Flaschenreifung als Zutat und wird zu Beef Wellington empfohlen – ich probiere es alleinstehend. Deutlich trübes Senfgelb in Kombination mit sehr feinblasigem Schaum, auf dem einzelne Großblasen wie Inseln schwimmen, machen das Bier jedenfalls zu einem Eyecatcher. Der Geruch ist dagegen eher zurückhaltend, erinnernd an ein klassisches Helles, getreidelastig, ohne, dass irgendetwas sich in den Vordergrund drängt. Ein Hauch von Blumigkeit vielleicht, durchaus angenehm.

Rügener Insel-Brauerei English Bitter

Am Gaumen merkt man schon beim Antrunk, warum das Bier so heißt, die Bittere ist klar vorhanden, und steigert sich im Verlauf weiterhin, bis sie im Abgang am Zäpfchen dann richtig kribbelt und grapefruitig wirkt – ohne, dass man den Eindruck bekommt, ein IPA oder Pale Ale vor sich zu haben, das ist schon eigenständig. Natürlich dominiert der Hopfen hier, geschmacklich wird es aber nicht aromahopfig fruchtig, sondern eher bitterhopfig, mit ordentlicher Trockenheit. Aufgefangen durch eine runde Struktur und kauige Textur hat man hier ein Bier, das als Essensbegleiter ganz sicher hervorragend funktioniert, und für den Liebhaber herber Biere sicher auch alleinstehend.


Etwas Besonderes ist ohne Frage das Spanish Lemon Lager – ich habe noch nie von so einem Stil gehört, es wird als „New Style Lager“ deklariert. Mais, Gewürz und Meersalz kommen zu den gewohnten Zutaten. Blasses Zitronengelb ergibt das, leicht trüb, mit einem eher grobblasigen Schaum, der einen halben Zentimeter eine Weile erhalten bleibt.

Rügener Insel-Brauerei Spanish Lemon Lager

Neben der Farbe ist auch der Geruch mit für den Namen verantwortlich – zu der klassischen Lagercharakteristik, die stark auf Getreide setzt, kommt ein Touch, aber nur ein Touch von Zitronenschale. Spanische Biere sind oft aromatisch eher schwachbrüstig, hier findet die Nase was zu tun, ohne den erwarteten Stil zu verletzen. Sehr vollmundig, rund und sehr voll, beinahe schon kauig, das Lemon Lager liegt echt fett im Mund, das überrascht zunächst. Die Textur ist dicht, ohne das Bier schwer zu machen, es bleibt ein wolkiges, frisches Lager, rezent und leicht, mit klar stringentem Getreidegeschmack, bei dem die Zusatzzutaten nur noch winzige Details steuern. Großartig, trinkig, mit viel Sommerpotenzial!


Zum Schluss gönnen wir uns noch das French Season, das neben Gersten- und Weizenmalz auch die heute hier schon gehörte Zutat „Gewürz“ listet. Da wünsche ich mir für die Zukunft etwas mehr Transparenz, dahinter kann sich ja alles mögliche verbergen. Der optische Eindruck ist definitiv schonmal spicy – opalisierend und leicht trüb, mit kräftiger Safranfarbe und einem lebendigen, mittelgroßblasigen Schaum, dazu sehr starke und feine Perlage.

Rügener Insel-Brauerei French Season

Frische und leicht blumige Nase, mit einer deutlichen Erinnerung an Witbier und einem gewissen Zitrusfruchttouch. Das Getreide scheint auf sehr angenehme Art und Weise durch, ein Bier, bei dem man sofort Lust auf einen Schluck bekommt. Da wird man dann auch nicht enttäuscht, der Körper ist doch voller und texturierter als bei einem Wit, mit einem klassischen Weizenbier-Mundgefühl. Auch aromatisch ist es ähnlich dicht, bleibt dabei durchgängig leicht und frisch, klar und sauber. Sehr angenehm in der Rezenz, ohne säuerlich zu werden, erst im Abgang zeigt sich herbe Bittere und das Gewürz. Großartig, süffig, geschmackvoll. Das muss ich definitiv öfters haben.


Die wissen bei der Rügener Insel-Brauerei einfach, was sie machen. Diese Bier sind besonders, im besten Wortsinn, und nicht nur exotisch oder auf den Gag der Meisterschaften hin gemacht; ich würde alle vier, die ich heute hier vorgestellt habe, echt gern in einem Dauersortiment sehen. Aber die Alternative, immer wieder mit etwas Neuem von der Ostsee positiv überrascht zu werden, hat natürlich auch ihren Charme. Ich bin mit beidem zufrieden, und würde mir echt schwertun, aus diesen vier hier einen eindeutigen Gewinner auszuwählen, zum Glück muss ich das nicht sondern genieße alle für sich mit ihren Qualitäten.

Leider hat keines davon den Wettbewerb gewonnen, sondern das Czech Lager, gefolgt vom Austrian Märzen. Nun, ich hatte eh vor, mir die anderen Mitbewerber auch noch zu gönnen.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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