Die schwedische Marine ruft – Purity Navy Strength 34 Nordic Organic Gin

Für einen anderen Artikel hatte ich es kurz angesprochen – die Definition der so einfach klingenden Wortkombination „Navy Strength“ ist ein Thema, bei dem man sich ganz schön in die Nesseln setzen kann. Die verschiedenen Definitionen von Alkoholstärke sind abhängig von der Zeit, vom Ort, vom Kontext; damals, als die Festlegung gemacht wurde, waren andere Maßeinheiten und Richtwerte üblich als heute, und die Royal Navy machte es anders als viele andere. Doch eigentlich ist es für die Zwecke, die uns als Schnapskonsumenten angehen, trotzdem ganz einfach. Ich lasse hier einfach mal eine Autorität, Richard Seale von der Foursquare Rum Distillery auf Barbados, zu Wort kommen: „‘Navy strength’ means 100 (UK) proof which was defined as 57.15% abv. That is all there is to it. There is no official definition of the term but there was an official definition of 100 Proof and its choice was linked to the minimum strength to prove the black powder which was used in naval guns. Hence the historic link of 100 Proof and the Navy. This explains the common use of ‘navy strength’ as nothing more than a euphemism for 100 proof. The first brand to use the term ‘navy strength’ was Plymouth Gin back in the 90s. It meant 100 proof. (…) The term ‘navy strength’ has nothing, zip, nada, zilch to do with the strength of rum issued to sailors. Which explains why the term ‘navy strength’ appears on so many gin brands (where it naturally refers to 100 proof).“ (Quelle: 01.03.2024 auf seinem Facebook-Account)

Mit diesem Schluss leitet Seale nahezu ideal weiter zum tatsächlichen Thema dieses Artikels, dem Purity Navy Strength 34 Nordic Organic Gin, denn in der Tat ist dieser Gin einer derjenigen, die diesen Namenszusatz tragen und damit den Alkoholgehalt von 57,1% referenzieren, ohne wirklich etwas mit der britischen Marine zu tun zu haben. Da wir schon bei Zahlen sind, erkläre ich noch geschwind die „34“ im Namen: hier bezieht man sich auf die Anzahl der Plattendurchläufe, die das Destillat während des Brennens erhält. Eine Säule bei Purity hat 8 Platten, in zwei Säulen wird gebrannt, davor findet ein Brennvorgänge in einer Potstill statt, der Prozess wird zweimal wiederholt, macht summa summarum 34. Auch hier keine Zahlenmagie oder alchemistische Numerologie – aber auch kein reines Marketing, wie man es bei derartigen Beschreibungen sonst ständig findet. Das „Nordic“ im Untertitel spielt nicht nur auf den Produktionsort in Südschweden an, sondern auch auf die Auswahl der Botanicals: Wacholder gehört grundsätzlich natürlich dazu, und Koriander, Lavendel, und andere sind nicht ungewöhnlich; spätestens bei Kardamom, Preiselbeere und Blaubeere betritt man aber den Grund urschwedischer Zutaten. Als Schwedenfreund (mein letzter Ausflug nach Stockholm begeistert mich bis heute) braucht es da keine weitere Überzeugungsarbeit!

Purity Navy Strength 34 Nordic Organic Gin

Ein kleiner, witziger Effekt entstand, als ich mir das Glas für das Präsentationsfoto eingegossen hatte. Da blieb es eben ein paar Minuten stehen, bis ich dazu kam, die Optik zu beschreiben – und es hatte sich ein kleines Muster aus winzigen Tröpfchen am oberen Rand des Glases gebildet, das wie ein Mosaik aus kleinen Steinchen aussah. Sehr hübsch, und es betont die angenehmen Schwenkeigenschaften des Gins noch dazu.

Die Nase findet erstmal Wacholder. Und viel Wacholder. So richtig viel. Das mag vielleicht langweilig und gewöhnlich klingen, doch ich betone hier einfach nochmal gern: So muss ein Gin eigentlich riechen, ganz klassisch, von der rechtlichen Seite will ich gar nicht anfangen. Darunter findet man sehr grüne und weiterhin klassische Botanicals, man riecht neben dem Koriander die Erdigkeit der Angelikawurzel, die Frische des Kardamoms, Basilikums und des Thymians, ganz leicht schwingt die Frucht der Preisel- und Blaubeeren mit, und ein Hauch von Lavendelblumigkeit gibt dem ganzen noch eine aromatische Kopfnote. Alles ist dabei irgendwie klar abgrenzbar erschnupperbar, wenn man danach sucht, und es bildet dennoch ein rundes Geruchsbild, würzig und dicht, dabei, wie gesagt, nicht ins exotische abdriftend. Frisch, klar, sauber, nordisch.

Purity Navy Strength 34 Nordic Organic Gin Glas

Am Gaumen beginnt der Gin erstmal weich und sehr mild, das Basisdestillat scheint durch, überraschend zart für den hohen Alkoholgehalt. Dann jedoch öffnet er sich schnell, sowohl sehr feine Alkoholwärme als auch kräftige, fast schon wilde Würze belegen den ganzen Mundraum, dieser Verlauf ist herrlich und gefällt mir sehr. Aus der grundliegenden Süße blühen Weißpfeffrigkeit und Chilischärfe auf, prickeln am Gaumen und auf der Zunge, ohne sie dabei zu anästhesieren. Die krautigen Botanicals kommen voll zum Zug, der Gin wirkt erwachsen und stark, stringent und charaktervoll. Die Textur bleibt durchgängig fett, aber nicht schwer. Eine wirklich stark ausgeprägte Salzigkeit gibt etwas Maritimes mit, sie steuert die Herbe, mit der der Purity 34 Gin langsam ausklingt, mit nun klarer werdender Trockenheit auf der Zunge, die minimalst astringierend wirkt. Der Nachhall ist lang, zunächst vom Effekt getrieben, der den Gaumen lang kaltheiß beschäftigt, dann aber auch mit einem bunten Set der Botanicalsaromen, das vorhält.

Ja, ich kann diesen Gin mit dem Schlüsselwort „nordisch“ in Verbindung bringen, aber auch unabhängig davon hat der Purity 34 eine Wirkmacht im Glas, die mir gefällt. Ich sage ja jedem, der es hören will, dass Gin immer mindestens 47% haben sollte, wenn man auf Geschmack setzen will; mit 57%, wie hier, klappt das halt einfach noch besser mit mehr Volumen und Körper, und im Mixgetränk zeigen sich diese Extraprozente sowieso immer aufs Beste.


Was passt besser zu einem schwedischen Gin als ein schwedischer Cocktail? Den Vasaloppet habe ich einem ganz hervorragenden, spannenden Cocktailbuch aus Schweden entnommen, Vilda Drinkar. Darin stellt Autorin Bella Porcile Rezepturen vor, die mit regionalen schwedischen, insbesondere saisonalen Zutaten gemacht werden. Die Rezepte selbst sind meist einfach, die Vorbereitung für die einzelnen Zutaten dagegen sehr aufwändig (der hier verwendete hausgemachte Blaubeersirup ist noch eine der einfachsten Aufgaben) – man sollte Zeit einplanen. Und den Google-Übersetzer nebenbei laufen lassen, denn das Buch gibt es aktuell leider nur auf schwedisch.

Vasaloppet Cocktail


Vasaloppet
1⅔oz / 50ml Dry Gin
¾oz / 25ml Blaubeersirup
1oz / 30ml Zitronensaft
1 Eiweiß
Auf Eis shaken. Auf einen großen Eiswürfel abseihen.

[Rezept nach Bella Porcile]


Bezüglich der Flasche gilt alles, was ich schon über diese Form in meiner Besprechung des Purity 54 Vodka gesagt hatte; das betrachtet sich einfach gut und liegt auch gut in der Hand.

Wenn ich recht sehe, ist er aktuell zu einem Spottpreis zu haben; ich kann meinen Augen kaum trauen, für unter 25€ bekommt man hier einen richtig tollen, wuchtigen, aromatischen Gin, der viele andere größere Marken locker in den Schatten stellt. Spätestens jetzt ist der Purity 34 Navy Strength Gin zum perfekten Beispiel eines no-brainers geworden. Wer den nicht schnell bestellt, dem kann ich auch nicht mehr helfen.

Offenlegung: Ich danke dem Purity Brand Ambassador Ulric Nijs für die kosten- und bedingungslose Zusendung einer Flasche dieses Gins.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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