Mezcal am Freitag – Santo Pēcado Joven Bacanora Artesanal

Santo Pēcado Joven Bacanora Artesanal Titel

Tequila hat in Deutschland einen guten Bekanntheitsgrad, auch Mezcal ist inzwischen soweit angekommen, dass man nicht mehr groß erklären muss, was das grundsätzlich ist, denke ich mal (wahrscheinlich denke ich falsch, außerhalb meiner Schnapsblase ist sicherlich weiterhin viel Erklärung nötig). Schwieriger wird es noch bei den anderen indigenen Bränden Mexikos, bei denen selbst Experten in definitorische Grenzbereiche kommen, wie zum Beispiel dem Bacanora, darum hole ich kurz aus. Bacanora ist eine Untergruppe des Mezcal (ich verwende hier den Begriff „Mezcal“ im generischen Sinne des „Vino de Mezcal“, nicht der willkürlichen gesetzgeberischen Einschränkung des CRM). Bacanora hat eine eigene geschützte geographische Angabe in Mexiko – nur Brände aus der nordmexikanischen Region Sonora dürfen diese Kategoriebezeichnung tragen, und der Brand wird dann immer aus der Maguey Pacifica hergestellt, auch bekannt als Angustifolia Haw, mit dem botanischen Namen agave angustifolia var. pacifica. Dies ist in der NOM 168-SCFI-2005 („La Norma Oficial Mexicana del Bacanora“) festgelegt.

Wir probieren heute als Beispiel den Santo Pēcado Joven Bacanora Artesanal von der Casa Santeros in Obrégon in der Sierra de Sonora. Er wird eben aus 100% Agave pacifica gemacht, die geernteten Agaven werden in einer Erdgrube mit Encino- und Mesquiteholz gekocht und dann mit Äxten und Macheten zerkleinert. Die Maische wird 6-12 Tage fermentiert und dann in Kupferpotstills doppelt gebrannt, und auf einen Zielalkoholgehalt von 45% eingestellt.

Santo Pēcado Joven Bacanora Artesanal

„Joven“ heißt ungereift, und so landet er dann glasklar in unserem Verkostungsglas. Schwer und dickflüssig liegt er dann da, mit fetten Beinen an der Glaswand. Ein richtig, richtig öliger Brand. Für die Nase hat er auch einiges zu bieten: eine dichte Mischung aus Grasigkeit, Heu und Gewürzen. Pfeffer, Kardamom, Nelken und Muskatnuss. Sehr deutlich wirken hier die Röstaromen, richtig deftig angebranntes, aber noch nicht verkohltes Holz riecht man da, dazu natürlich eine ordentliche Dosis gekochte Agave. Ein sehr würziges, schweres, hocharomatisches Geruchsbild, mit weiteren Subtönen von Leder, Kaffee und feuchtem Ton. Später entdeckt man sogar noch etwas Frucht, Aprikosen und Grapefruit, leicht zestig, ohne die Basislinie der grünen Agave zu stören.

Im Mund kommt dann auch direkt eine ganz eigene Charakteristik zum Vorschein, vom Antrunk an deutliche Salzigkeit mit sogar einem Ticken mundausfüllendem Umami, das die fette Textur sogar noch unterstützt. Eine interessante Zusammensetzung aus grünem Blattschnitt, einem Anflug von Rauch und sehr floralen, veilchenartigen Aromen, mit etwas Geranien und Jasmin, bildet sich schnell heraus. Säure ist erkennbar, sie hellt das Ganze noch etwas weiter auf, bevor im Nachklang eine sehr prägnante Mineralität die Blumigkeit unterstützt. Dann klingen Gaumeneffekte nach, ein würziges Brummen, ohne zu Pieksen, leicht warm nur, mit einer minimalen Anästhesierung der Zungenspitze. Insgesamt ist der Abgang mittellang bis kurz, hinterlässt ein minzigkühles Gefühl, leicht kiesig und pflanzlich bis zum Schluss.

Rein von den Herstellungsdaten her mag der Unterschied zwischen Mezcal und Bacanora kaum vorhanden sein, in dieser speziellen Ausprägung erkennt man aber klar, dass hier etwas eigenständiges vorliegt. Wer würzig-aromatische Spirituosen mag und eine Alternative zu einem Mezcal sucht, ist beim Santo Pēcado Joven Bacanora Artesanal gut aufgehoben – und die „heilige Sünde“ mag sicher vergeben werden, wenn etwas so spannend schmeckt.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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