Craft und Kupfer – Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka

Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka Titel

Wodka muss man lernen, das ist für mich ein Fakt, da gibt es soviele Missverständnisse, aber auch minderwertige Produkte zuhauf, die die Aufklärung dieser Unklarheiten nicht einfacher machen. Ein Land verbindet man geschichtlich ganz besonders mit Wodka, doch der Kauf russischer Produkte verbietet sich gerade natürlich, das schränkt den Genießer aber eigentlich praktisch nicht ein – es gibt mehr als genug traditionelle polnische, ukrainische und besonders finnische Wässerchen, die weit mehr als nur Ersatz sind, und selbst in Deutschland hat es Qualität, die man entdecken kann. Wodka ist auch in Schweden beheimatet, klar, man kennt die langen Supermarktregale voller Absolut-Flaschen, in dutzenden Geschmacksrichtungen aromatisiert, so dass das Klare, Echte hier doch etwas verloren ging zugunsten einer dadurch entstehenden belanglosen Arbitrarität. Doch Schweden hat, wie sich bei den Craftbrennern der Purity Distillery, an der Südspitze Schwedens verortet, zeigt, auch eine modern-rege Wodkakultur, die zurück zu den Wurzeln will.

Ich habe eine gewisse emotionale Nähe zu Schweden entwickelt, seit meinem Städtetrip nach Stockholm 2023, und darum musste ich nicht lange überlegen, ob ich mir den Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka als Beweisobjekt für meine Thesen heranziehe. Biozertifizierte Zutaten (hier Winterweizen und gemälzte Gerste in einer unveröffentlichten Mashbill) und Produktion in kleinem Maßstab, dazu die Transparenz, woher der Name kommt. Es ist ja für so manche Hersteller ein Wettbewerb, absurde Zahlen für die „Anzahl der Destillationsvorgänge“ zu präsentieren, da muss man als Kenner schon oft etwas schmunzeln, und auch in manchen Marketingtexten von Purity liest man diese seltsamen Messungen, doch in Wahrheit gibt es wirklich einen Grund für die „51“ im Namen – man zählt hier einfach die Anzahl der Schritte, die das Destillat durchläuft. Schritt 1 ist eine Potstill, deren Rohbrand dann durch zwei Säulen mit je 8 Platten läuft, was 17 Schritte ergibt. Für den Purity 51 macht man das ganze dreimal, so ein Zyklus dauert 6 bis 8 Stunden, und kommt so auf 51 Schritte (wer will, kann auch den Purity 17 und den Purity 34 erwerben). Zumindest etwas, woran man auch als jemand, der viele Brennereien besichtigt hat, glauben kann. Die Platten in den Säulen wurden stark modifiziert, so dass rund dreimal soviel Kupferkontakt stattfindet wie in normalen Säulen, die Vorteile von Kupfer beim Brennen sollten ja bekannt sein. Am Ende wird nicht kohlegefiltert, das Produkt schließlich auf 40% Alkoholgehalt eingestellt. Und so landet es bei mir im Glas!

Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka

Glasklar, ohne jeden Fehler, und mit einer ansprechenden Viskosität ausgestattet, so zeigt sich der Purity 51 im Verkostungsglas. Einzelne Wellen schwappen schnell hoch und zerschellen, legen einen feinen Film an die Wand, die dann dickbeinig zügig ablaufen.

Die Nase ist beinahe schon bezaubernd in ihrer zarten Floralität, voller Veilchen, Nelken und Kornblumen. Dazu findet sich eine dezente Kardamomnote, die zusammen mit Vanille fast den Eindruck von schwedischen Kardemummabullar erzeugt. Frische kommt noch durch Anflüge von Zitruszeste, aber nur ganz vorsichtig, bevor dann die erdig-nussige Getreidenote das Bild beherrscht, mit leichter Korianderseifigkeit. All das, so muss man sagen, ist natürlich in einer Feinheit und Zurückhaltung angeboten, wie man es von einem guten Wodka erwartet, ohne sich aufzudrängen, aber effektiv vorhanden. Ein guter Anfang!

Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka Glas

Im Mund zeigt sich der Purity 51 vielgestaltig – da ist zunächst die fette Textur, die sich initial extrem weich an den Gaumen legt, im Verlauf aber Struktur und Fahrt aufnimmt, bis sie im Finish deutlich kribbelig mit leisem, aber wirksamem Feuer glüht und wärmt. Ein richtig schöner Spannungsbogen, der nie langweilig ist. Die Aromen duplizieren sich von der Nase, da ist viel Grünheit, etwas Floralität, milde Süße und interessante Gewürzaspekte mit viel Kardamom, Muskatnuss und Vanille, immer in Abwechslung, dazu die grundlegende Getreidewürze mit viel reiner Gerste und Weizen. Leichte Orangenzeste, dazu einiges an Albedo, die vorsichtige Bittere miteinbringt. Der Abgang ist weiterhin rund, weist aber ordentlich Charakter auf, passt so gar nicht zu dem, was man sonst so als Neutralspirituose präsentiert bekommt – das ist der Purity 51 Reserve nämlich ganz sicher nicht!

Wodka hat so diesen Ruf, das langweiligste der Welt zu sein. Auch ich habe das persönlich erst durch viele, viele Wodka- und Kornverkostungen als Juror beim ISW gelernt, dass das eine Fehleinschätzung, verursacht natürlich durch die Massen an minderwertigen Produkten in deutschen Supermarktregalen, ist. Wer einen Wodka für die Heimbar sucht, bei dem man sich nicht wundert, warum James Bond immer eine Flasche Wodka in der Heimbar hatte, und einen wodkabasierten Mixdrink jedem anderen vorzog, der probiere mal den Purity 51 Reserve.


Im krassen Gegensatz zum harten Vodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt, der über die Eiseskälte und die kantige Struktur punktet, will ich hier allerdings die Gewürz- und Süßspeisenseite des Purity 51 an einen Drink herangehen. Von der Facebookseite der Brennerei käue ich den Semla Shot wieder, auch wenn ich sowas nicht gern mache; doch hier gibt es für mich einfach keinen zweiten Gedanken, weil der Semla Shot mich sofort zurück nach Stockholm versetzt, in eine Bäckerei, in der es von Süßspeisen nur so wimmelt. Die Schweden haben eine regelrechte Kultur für Zimt- und Kardamomschnecken entwickelt, die ich in ihrer Konsequenz bewundere, und irgendwie so gar nicht zum Ruf des kühlen Nordvolks passt.

Semla Shot Cocktail

Semla Shot
1oz / 30ml angewärmten Amaretto ins Glas geben
1oz / 30ml Wodka vorsichtig darauf schichten
Mit Schlagsahne toppen und etwas Kardamom darauf streuen.

[Rezept nach Purity Distillery]


Die Flasche ist einerseits bauchig, andererseits mit einem schönen Schliff versehen, so dass man sich an einen Diamanten erinnert; dazu passt das schwarzgoldene Design des Etiketts. Ein durchaus edler Augenfang für die feine Heimbar.

Aktuell ist in Deutschland etwas schwer an den schwedischen Vodka heranzukommen, ich habe ihn aber unkompliziert bei einem Shop in Dänemark ordern können. Für mich lohnt sich das preisliche Upgrade, das man für so einen Craftvodka investieren muss, aber ganz sicher – das ist bei Wodka nicht anders als bei anderen Spirituosen. Den Schritt über die 5€-Discounterware spürt man hier jedenfalls so richtig dramatisch stark, das ist aber für den Purity 51 auch niemals der Vergleichswert: im Gegenteil, hier misst man sich mit höchstwertigen Bränden aus der ganzen Welt. Und steht am Ende, ehrlich, in einer glänzenden Position.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

Ein Kommentar zu “Craft und Kupfer – Purity Connoisseur 51 Reserve Organic Vodka

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